Nicole Erler arbeitete seit 1995 als pharmazeutisch-technische Assistentin in einer deutschen Apotheke mit besonderem Fokus in der Beratung zum Thema Homöopathie. Seit anderthalb Jahren lebt sie mit ihrem chilenischen Mann in Santiago und wird bald ihre eigene Praxis für Irisanalyse eröffnen. Der Cóndor wollte von ihr wissen, was genau Homöopathika sind und ob es sie auch in Chile gibt.
Cóndor: Haben Sie gute Erfahrungen mit homöopathischen Medikamenten bei ihrer Arbeit in der Apotheke gemacht?
Nicole Erler: Ja, die Erfahrungen, die ich in Deutschland mit der Homöopathie gemacht habe, waren durchweg gut. Immer mehr Menschen lassen sich auf diese bewährte Heilmethode ein. Schon vor 200 Jahren hat der deutsche Arzt und medizinische Schriftsteller Samuel Hahnemann homöopatische Arzneimittel entwickelt. Inzwischen kann man sie als Globuli, Tablette, Ampulle, Lösung, Saft oder Zäpfchen kaufen. Wobei die Zuckerkügelchen, die sogenannten Globuli, am häufigsten genutzt werden.
Die meisten Mittel sind schon ab dem Säuglingsalter anwendbar, und mit Nebenwirkungen ist eher nicht zu rechnen. Was jedoch auftreten kann, ist die sogenannte Erstverschlimmerung. In diesem Fall verstärken sich die Symptome kurzzeitig, das heißt einige Minuten bis Stunden. Eine Erstverschlimmerung ist ein Anzeichen dafür, dass das gewählte Mittel ein Volltreffer ist.
In Deutschland kann man in jeder Apotheke homöopathische Mittel kaufen. Wie ist das in Chile?
Auch in Chile gibt es ein gutes Angebot. Im Vergleich mit Deutschland sind die Produkte jedoch eher in Apotheken erhältlich, die sich auf pflanzliche und homöopathische Erzeugnisse fokussieren. Die Farmacia Knop mit eigener breiter Herstellungslinie ist in ganz Chile und in fast allen Stadtteilen von Santiago präsent. Auch die deutsche Firma Weleda hat eigene Apotheken in Santiago, in denen ihre Arzneimittel und Pflegeprodukte erhältlich sind.
Daneben bieten Patio Azul und Farmacias Hahnemann sowie einige weitere Apotheken homöopathische Arzneimittel an. Da kann man neben den Einzelmitteln, die nur eine verdünnte Substanz enthalten, auch sogenannte Komplexmittel kaufen. In denen werden verschiedene Substanzen für ein bestimmtes Krankheitsbild vermischt.
Nach welchem Prinzip funktioniert die Homöopathie?
Nicole Erler: Homöopathika wirken nach dem sogenannten Ähnlichkeitsprinzip. Das heißt, ein homöopathisches Mittel wird gegen die Symptome eingesetzt, die das Mittel bei einem Gesunden auslöst. Die Grundregel ist «Ähnliches mit Ähnlichem» zu kurieren. Ein klassisches Beispiel, das jeder von uns leicht nachvollziehen kann: Die Küchenzwiebel verursacht eine laufende Nase und brennende, tränende Augen. Als Arzneimittel wird der homöopathisch aufbereitete Auszug der Zwiebel gegen eben diese Symptome, zum Beispiel im Rahmen eines Schnupfens oder einer Allergie, eingesetzt.
Woraus bestehen die Medikamente?
Die Ausgangssubstanz für ein homöopathisches Mittel kann pflanzlichen, tierischen, mineralischen oder chemischen Ursprungs sein. Nach dem Aufbereiten des Ausgangsstoffes in einer Urtinktur erfolgt das sogenannte Potenzieren. Hierbei wird der Ausgangsstoff schrittweise mit Wasser oder einer alkoholischen Lösung in den Anteilen 1:10 in eine D-Potenz, 1:100 in eine C-Potenz oder sogar 1:50.000 in eine LM-Potenz verdünnt. Es gilt: Je höher die Potenz, also je stärker die Verdünnung, desto intensiver die Wirkung. Für die Selbstbehandlung werden nur die niedrigen D-Potenzen bis D30 empfohlen.
Wie werden sie genau hergestellt?
Ich habe selber in meiner beruflichen Laufbahn als pharmazeutisch-technische Assistentin homöopathische Globuli immer mal wieder hergestellt. Die Globuli werden in einem Glas mit der potenzierten Lösung benetzt und mit der Hand in einer bestimmten Richtung mit einer festgelegten Anzahl an Drehungen in dieser Lösung geschwenkt. Danach werden sie an der Luft getrocknet und anschließend in eines der typischen braunen Gläschen abgefüllt. Ein echtes Ritual. Nach einem Arbeitstag kann einem dann schon mal der Arm weh tun.
Was raten Sie jemandem, der noch nie homöopathische Produkte genommen hat?
Gerade für die alltäglichen kleineren Wehwehchen lohnt es sich, die Homöopathie einmal auszuprobieren. Zum Beispiel Arnica D6 Globuli bei Verstauchungen, Prellungen und Blutergüssen. Doch selbstverständlich hat auch die Homöopathie ihre Grenzen. Bei gesundheitlichen Zuständen, die einen chirurgischen Eingriff notwendig machen, bei lebensbedrohlichen Erkrankungen, bei vielen chronischen Krankheiten sowie in Notfällen kann die Homöopathie nur ergänzend eingesetzt werden.
Wir bedanken uns für das Gespräch.
Die Fragen stellte Silivia Kählert.