Umweltschützer warnen vor Brandrodung
Die Abholzung im brasilianischen Amazonasgebiet schreitet wieder schneller voran. Das riesige Ökosystem droht zu kippen.
Belém (dpa/ade) – Zwischen August 2018 und Juli 2019 seien 5.054 Quadratkilometer Regelwald gerodet worden, teilte die Nichtregierungsorganisation Imazon vor Kurzem mit. Das entspricht etwa der doppelten Fläche des Saarlands. Allein im Juli seien Wälder auf einer Fläche von 1.287 Quadratkilometern vernichtet worden – ein Anstieg um 66 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.
Zuletzt gab es in Brasilien Streit um das Ausmaß der Abholzung. Der Direktor des Nationalen Instituts für Weltraumforschung (INPE), das die offiziellen Daten erhebt, wurde entlassen. Die Regierung des rechten Präsidenten Jair Bolsonaro warf der Behörde vor, die Zahlen künstlich aufgebläht zu haben.
Bolsonaro betrachtet den Regenwald als wirtschaftlich ungenutztes Potenzial. Er will keine neuen Schutzgebiete im Amazonasgebiet ausweisen und weitere Rodungen zulassen. Umweltverbände kritisieren die Pläne, weil der Regenwald als CO2-Speicher für den internationalen Klimaschutz von großer Bedeutung ist.
Massive Abholzung
Wegen der massiven Abholzung kündigte die deutsche Bundesumweltministerin Svenja Schulze zuletzt an, Klimaschutz-Fördermittel ihres Hauses zunächst auf Eis zu legen. Die Mittel belaufen sich schätzungsweise auf 35 Millionen Euro. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller hingegen will vorerst an dem von seinem Ministerium mitfinanzierten Amazonasfonds festhalten.
Brasiliens Präsident reagierte prompt auf die deutsche Ankündigung und empfahl Bundeskanzlerin Angela Merkel, das Geld zum Schutz des Regenwaldes daheim zu verwenden. «Ich möchte auch der geliebten Frau Angela Merkel eine Nachricht hinterlassen: Nehmen Sie diese Knete und forsten Sie Deutschland wieder auf, ok? Dort ist es viel nötiger als hier», sagte Bolsonaro laut Medienberichten vor der Presse.
Deutschland hat rund 11,4 Millionen Hektar Wald, das entspricht etwa 32 Prozent der Landesfläche. In den vergangenen zehn Jahren hat die Waldfläche in Deutschland leicht zugenommen.
Waldfläche so groß wie die Türkei verschwunden
Der für den internationalen Klimaschutz wichtige Regenwald in Brasilien schrumpft allerdings immer weiter. Zwischen August 2017 und Juli 2018 wurden 7.900 Quadratkilometer Wald abgeholzt, was einer Fläche von einer Million Fußballfeldern entspricht. In den vergangenen fünf Jahrzehnten sind etwa 17 Prozent des ursprünglichen Amazonasregenwaldes verschwunden – eine Fläche so groß wie die Türkei. Ab 20 Prozent Abholzung könnte das globale Ökosystem kippen, warnen die beiden Forscher Thomas J. Lovejoy und Carlos Nobre im Magazin «Science Advances». Der einstige Regenwald würde zu einer Savanne werden mit verheerenden Folgen für das Weltklima.
Die Biomasse der Regenwälder Amazoniens gilt als eine der größten CO2-Speicher und wird daher auch als «grüne Lunge des Planeten» bezeichnet. Der Raubbau an den Wäldern ist in erster Linie auf eine expandierende Landwirtschaft zurückzuführen. Auf Satellitenaufnahmen ist zu sehen, wie sich die Agrarflächen am Rand des Amazonas ausbreiten.
Dem Waldsterben kommt aber auch noch eine andere Bedeutung zu: Die weltweiten Bestände zahlreicher Tierarten in Wäldern haben sich laut einer Untersuchung in den vergangenen Jahrzehnten mehr als halbiert. Zwischen 1970 und 2014 schrumpften die 455 untersuchten Populationen um durchschnittlich 53 Prozent, teilte die Umweltstiftung WWF kürzlich unter Berufung auf eine eigene Analyse mit. Besonders betroffen seien die Tropen, wie etwa der Amazonas-Regenwald. Als Hauptgrund für die Entwicklung wird «durch Menschen verursachter Lebensraumverlust» genannt.