Home Nachrichten Politik Die Wende im Osten

Die Wende im Osten

0

Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen

Dietmar Woidke (SPD) ist Ministerpräsident und führt seine Partei als Spitzenkandidat in die Landtagswahl in Brandenburg 2019. Foto: dpa / Bernd Settnik

Am 1. September wählen die zwei ostdeutschen Bundesländer Brandenburg und Sachsen neue Landtage – in beiden könnte die AfD stärkste Kraft werden.

Von Arne Dettmann

Noch regiert Dietmar Woidke von der SPD als Ministerpräsident in Brandenburg. Doch in zwei Wochen sind Wahlen in dem ostdeutschen Bundesland. Und je nach den Ergebnissen der Umfrageinstitute kommt die AfD zwischen 18 bis 23 Prozent, während die beiden einstigen «Volksparteien» CDU und SPD entweder einen kleinen Tick besser abschneiden, gleichauf liegen oder knapp darunter. Letzteres befürchtet offenbar Woidke, der kürzlich eine Rundmail an die SPD-Mitglieder verschickte, worin er erklärte, ein AfD-Sieg sei kein «Schreckgespenst», sondern könnte «bittere Realität» werden, so die «Potsdamer Neueste Nachrichten».

Der Ministerpräsident von Sachsen, Michael Kretschmer (CDU), kandidiert erneut für den Posten bei den Wahlen am 1. September.Foto: dpa / Matthias Rietschel

In Sachsen, wo ebenfalls am 1. September gewählt wird, stürzt die SPD in den Umfragen noch weiter ab und kommt nur noch auf sieben Prozent. Auch hier droht dem Ministerpräsident Michael Kretschmer von der CDU ein Fiasko. Denn seine Partei kommt bei den Meinungsforschern auf 24 bis 30 Prozent, während die sächsische AfD 18 bis 26 Prozent einheimsen könnte.

Bündnisse mit AfD werden kategorisch abgelehnt

Angesichts der desaströsen Prognosen wird bereits überlegt, wie man verhindert, dass die AfD an die Macht kommt. Denn ein Bündnis mit den Rechtsextremen lehnt Michael Kretschmer kategorisch ab. Noch regiert er mit einer Koalition aus CDU und SPD. Sollte diese Basis bröckeln, hat er als Gegenmaßnahme eine Koalition aus vier Parteien zusammen mit SPD, den Grünen und der FDP erwogen.

In Brandenburg leiten SPD und Die Linke die Regierungsgeschäfte. Schneidet auch hier die AfD besonders stark ab, müsste sich Dietmar Woidke wohl oder übel in ein Dreierbündnis mit der Partei Die Linke und den Grünen retten – falls das Wahlergebnis dafür tatsächlich ausreicht.

AfD – von einer Protestpartei zu Stammwählern

Was ist nur los im Osten der Republik? «Bei der Bundestags- und der Europawahl hat sich bereits gezeigt, dass die AfD in einigen Regionen sehr verwurzelt ist», erklärte der Politologe Hans Vorländer von der Technischen Universität Dresden gegenüber dem Nachrichtenmagazin «Focus». Die 2013 gegründete «Alternative für Deutschland» gelang 2014 der Einzug ins Europaparlament. Bei der EU-Wahl im Mai dieses Jahres wurde die AfD in Sachsen und Brandenburg stärkste Kraft.

Die AfD ist aber auch mittlerweile in allen deutschen Landesparlamenten vertreten und im Bundestag mit 12,6 Prozent drittstärkste Kraft, was sie gegenüber der Großen Koalition aus CDU und SPD zur führenden Oppositionspartei macht. Die AfD sei daher längst keine «Eintagsfliege» mehr, so Hans Vorländer, noch eine reine «Protestpartei». Sie hat sich vielmehr etabliert.

Hatte sich die AfD bei ihrer Gründung als EU-skeptische, rechtsliberale Partei verstanden und vormals Nichtwähler sowie Wechselwähler mobilisiert, stützt sie sich heute auf eine Stammwählerschaft. Die Anhänger vereint die Forderung nach einer restriktiven Zuwanderungspolitik und eine homogene, deutsche Gesellschaft. Kritiker werfen der AfD daher Rechtspopulismus und teilweise rassistische Tendenzen vor. In den neuen Bundesländern stellt sich die Partei als einzige politische Kraft dar, die die Sorgen und Ängste der Bürger dort versteht und ihnen eine Stimme gibt.

Rechtspopulismus im 30. Jahr des Jubiläums der friedlichen Revolution

Im Jahr des 30. Jubiläums der friedlichen Revolution und des Mauerfalls könnten also Rechtspopulisten einen dreifachen Triumph verbuchen. Denn nach Brandenburg und Sachsen sind am 27. Oktober auch die Bürger in Thüringen aufgerufen, ein neues Landesparlament zu wählen. Dort regiert eine Koalition aus Die Linke, SPD und Grünen, während die CDU als stärkste Partei die Oppositionsrolle übernommen hat. In einer Befragung von Infratest Dimap kommt Die Linke nun auf 25 Prozent, die AfD auf 24, die CDU auf 21 Prozent. Auch hier dürfte eine neue Regierungsbildung schwierig werden. Alle Parteien haben einen Zusammenschluss mit der AfD ausgeschlossen – die Frage ist nur, wie lange dieses Umschiffen noch aufrechterhalten werden kann.

Björn Höcke, AfD-Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag, hat bereits die Losung für die drei Wahlen herausgegeben: «Lassen wir hier mit einer friedlichen Revolution an der Wahlurne – erst am 1. September in Brandenburg, dann in Sachsen und am 27. Oktober in Thüringen – die politische Sonne im Osten wieder aufgehen. Lassen wir sie dann über ganz Deutschland scheinen.»

Salir de la versión móvil