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jueves, 16. enero 2025
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500. Todestag von Lucrezia Borgia (Teil 1)

Die Papsttochter im Vatikan

Kaum eine andere Frau der Geschichte hat einen solch schlechten Ruf wie Lucrezia Borgia (1480-1519), Tochter von Papst Alexander VI. Vor allem spätere Autoren wollten in ihr eine Giftmischerin, Mörderin und Hure sehen. Doch das Bild stimmt so nicht, sondern war weitaus differenzierter.

Rodrigo Borgia – Papst Alexander VI. – war der Vater von Lucrezia. Sein Interesse am Pontifikat: Aufstieg der Familie in den Hochadel. Foto:privat

Der französische Dramatiker Victor Hugo widmete sich der dunklen Legende von Lucrezia Borgia, und ihm folgte der Komponist Gaetano Donizetti mit einer Oper. In jüngster Zeit haben Fernsehserien zu den Borgias die alten Klischees neu bedient. Tatsächlich aber zeigt sich ein weitaus differenziertes Bild, wenn man den Berichten der Botschafter und des elsässischen Zeremonienmeisters Burckhard im Vatikan kritisch nachgeht. Gift, Mord und ein unheimliches moralisches Verhalten scheint das Markenzeichen der Familie des Rodrigo Borgia gewesen zu sein.

Rodrigo Borgia wurde am 1. Januar 1431 in Játiva in der Provinz Valencia geboren. Sein Onkel Alonso war zwei Jahre zuvor zum Bischof von Valencia ernannt worden. Durch seinen Dienst für den König Alfonso V. von Aragon gelangte er nach Süditalien, wo er 1455 zum Papst gewählt wurde. Als Calixtus III. förderte er seine Familie und ließ seinen Neffen Rodrigo in zahlreiche kirchliche und weltliche Führungsämter aufsteigen. Mit nur 25 Jahren wurde Rodrigo 1456 zum Kardinal erhoben. Im darauffolgenden Jahr erhielt er den einflussreichen Posten des Vizekanzlers und wurde schließlich auch Bischof von Valencia.

Borgia lebte wie ein Kirchenfürst, und wie viele Kleriker seiner Zeit pflegte auch er Liebesbeziehungen. Zwar galt das Zölibat, aber solange die Konkubinen und sexuellen Gefährten nicht öffentlich gezeigt wurden, wurde es toleriert. Aus einer seiner Beziehungen stammten sein Sohn Pedro Luis (1468-1488) und zwei Töchter, Isabella und Gerolama. Diese verstand er mit Adligen zu vermählen, und seinem Erstgeborenen verschaffte er den Titel des Herzogs von Gandía. Aus der Beziehung zu seiner Langzeitgeliebten Vannozza Cattanei stammten seine Lieblingskinder Cesare (1475-1507), Giovanni (1476-1497), Lucrezia (1480-1519) und Jofré (1481-1516). Offiziell war Vannozza insgesamt vier Mal verheiratet, so wurde ihre Beziehung mit dem Kardinal vertuscht. Die Ehemänner spielten hier anscheinend mit. Sie waren vorwiegend Mitarbeiter der Kurie. Der Kardinal wählte später eine jüngere Geliebte aus, Giulia Farnese, die er selbst noch als Papst behielt. Als er Papst wurde, bekannte sich Rodrigo Borgia zu seinen Kindern und legitimierte sie damit rechtlich. Diese Bekanntmachung schien anscheinend niemand sonderlich zu stören.

Lucrezia, die schöne Lieblingstochter

Vermutlich lebte Lucrezia ihre ersten Jahre noch bei der Mutter, dann aber bei einer Verwandten väterlicherseits, Adriana de Mila. Ob sie in einem Kloster erzogen wurde, ist nicht belegt, jedoch möglich, da sie sich später zeitlich ins römische Kloster San Sixto zurückzog. Durch Adriana de Mila bestanden Beziehungen zu der berühmten Adelsfamilie Orsini. Wie auch immer ihre Ausbildung war, sie beherrschte mit der Zeit zahlreiche Sprachen: Spanisch, Katalanisch, Französisch, Italienisch, Latein und konnte zumindest Griechisch verstehen. Als Landesmutter in Ferrara sollte sich dann auch als Kunstmäzenin hervortun.

Als es Rodrigo Borgia 1492 gelang, sich durch üppige Wahlgeschenke und Absprachen mit dem Kardinal Ascanio Sforza die nötigen Stimmen zur Papstwahl zu sichern, schien er an sein Ziel gelangt. Von nun an sollte er sein Pontifikat dazu nutzen, die Familie zu Ruhm und Ehre zu führen. Den Vorwurf der Simonie – des Ämterhandels – sollte er sich immer wieder anhören müssen, doch bald kam noch der Nepotismusvorwurf hinzu. Waren Wahlabsprachen und die Vergabe von Pfründen und Bistümern auch bei seinen Vorgängern Praxis so kam bei Papst Alexander VI. etwas Unerhörtes hinzu: Erstmals wurde der Kardinalhut an einen eigenen Sohn vergeben. Er ernannte neben anderen Verwandten auch den 18-jährigen Cesare zum Kardinal. Während seines 11 Jahre dauernden Pontifikats sollte er sowohl aus politischen Motiven, wie auch aus finanziellen Erwägungen die roten Kardinalshüte nicht nur an Familienmitglieder, sondern an finanzstarke Familien vergeben. Hinzu kam dann noch die Lebensweise des Papstes. Üppige Feste mit Damen im Vatikan entzündeten die Gerüchteküche. Alexander VI. wurde zum Skandalpapst.

Mit Alexander wurde die gesamte Familie Borgia zum Papst. Persönliche Interessen wurden mit kirchenstaatlichen Argumenten legitimiert. Schon bald zeigte sich, worin der Papst und sein Sohn Cesare die Kernaufgabe des Pontifikats sahen: Es ging um den Aufstieg der Familie in den Hochadel.

Cesare wurde bald auch zum Eroberer. Ein eigenes Herzogtum sollte für ihn geschaffen werden, und zwar in der Romagna. Doch hier musste man Rücksichten nehmen und taktisch vorgehen. Allianzen mussten geschmiedet oder zerschlagen werden. Italien war in zahlreiche Republiken und Herzogtümern zerteilt und von Rivalitäten bestimmt. Aufsteigende Familien suchten wie die Borgia Macht zu gewinnen und sich auszudehnen, andere wollten sich behaupten. Italien war ein Pulverfass. In Mailand herrschten die Sforza, in Florenz die Medici, dann zwischenzeitlich der Dominikanerprophet Savonarola und die Republik; Venedig dehnte seine Interessen aus und im Süden war mit dem Königreich Neapel ein Konfliktfeld aufgebrochen, auf dem sich die Interessen Aragons und Frankreichs entfachten.

Diese Konfliktherde wollten die Borgias für sich ausnutzen. Was militärisch nicht möglich war, sollte durch Heiratspolitik erreicht werden. Hier wurden alle Familienmitglieder zum Einsatz gebracht, vor allem aber wurde Lucrezia zu einer Trumpfkarte im Spiel um die Macht.

So wurde die junge Lucrezia bereits im Alter von elf Jahren zum Objekt der Familienpolitik. Ihr Bruder und Vater suchten für sie einen geeigneten Ehemann, der die Interessen der Borgias absichern würde. Lucrezia wird dreimal verheiratet werden.

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