Beschwingte Komödie über jüdischen Aussteiger
Ein Film in jiddischer Sprache – und dennoch sind die Kinosäle voll. Der Schweizer Regisseur Michael Steiner präsentierte seinen neuen Film während des Europäischen Filmfestivals in Santiago Anfang Juni.
Von Silvia Kählert

Auch ein Besuch der Schweizer Schule Santiago gehörte zum Programm des Regisseurs in Chile. Der Cóndor fragte den Autor, wie es ihm gelang, einen authentischen und gleichzeitig sehr erfolgreichen Film zu drehen.
Der im Oktober 2018 gestartete Film «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse» ist eine Adaptation des Bestsellers von Thomas Meyer. Der ebenfalls aus der Schweiz stammende Autor schrieb selber das Drehbuch. «Da ich zehn Jahre in dem Zürcher Stadtteil des Protagonisten gelebt habe, hatte ich zumindest einen minimalen Einblick in das Leben der Juden dort», erzählt Regisseur Michael Steiner. In dem Film geht es um den jungen jüdisch-orthodoxen Mordechai Wolkenbruch, Motti genannt. So wie in seiner Religion üblich sucht ihm seine «Mame» Heiratskandidatinnen aus. Das Problem dabei: Sie sehen alle aus wie sie. Der bisher immer brave Student der Zürcher Universität dagegen verliebt sich in die hübsche Laura. Diese ist eine «Schickse», eine nichtjüdische Frau – daher für Mottis Mutter völlig inakzeptabel. So nehmen die Dinge ihren Lauf.
Anders als im Roman hat Michael Steiner aus der Geschichte eine Tragik-Komödie gemacht. Das hat auch mit Samuel Cohen zu tun, einem jungen Mann aus einer jüdisch-orthodoxen Familie: «Damit der Film authentisch ist, hatte ich beim Filmen den Aussteiger Samuel Cohen an meiner Seite. Der 25-Jährige ist mit 17 Jahren sozusagen in die westliche Welt übergetreten. Seine Mutter spricht seitdem nicht mehr mit ihm.»
Damit der Film authentisch wirkte, war dem Regisseur von Anfang an klar, dass die Schauspieler der jüdischen Rollen Jiddisch sprechen sollten. Für die Darstellerin der Mutter Mottis war das kein Problem: Inge Maux hatte die Sprache von ihrer Mutter gelernt. «Joel Basmann, der Motti-Darstellter, lernte es im Handumdrehen», erzählt Steiner. Der Trick, damit die Zuschauer die Dialoge verstanden: Der Regisseur wählte aus dem Jiddischen 500 Wörter aus, deren Aussprache auch Deutsche verstehen können.
Rund 250.000 Schweizer strömten in die Kinos, um den Film zu sehen. Joel Basmann wurde zum besten Darsteller für seine Hauptrolle mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichnet. Was machte den Erfolg des Films aus? «Ich habe mir besonders viel Mühe mit der Liebesgeschichte gegeben. Das ist universell.» So sei ein Feelgood Movie entstanden, das vor allem Mütter sehr genossen haben, stellte der Schweizer fest. Ihm selber liegt daran, dass der Film als Plädoyer für Toleranz verstanden wird: «Auch von Juden habe ich viele positive Rückmeldungen bekommen. Viele Szenen sind zwar komisch, aber immer respektvoll gegenüber der jüdisch-orthodoxen Welt.»