«Immer ein offener Ansprechpartner sein»
Die Deutsche Schule La Serena feiert in diesen Tagen ihr 30-jähriges Bestehen. Ihre Geschicke leitet seit 2006 Carlos Gómez. Der Santiaguino hat zudem vor einem Jahr den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden der Direktorenkonferenz der deutschsprachigen Schulen in Chile übernommen.
Von Silvia Kählert
«Es gibt kaum Zufälle – die meisten wichtigen Ereignisse im Leben sind ein Zeichen.» Das hat Carlos Gomez immer wieder erlebt. «Obwohl ich erst 2006 zum Schulleiter ernannt wurde, war ich bei der Grundsteinlegung meiner Schule im Jahr 1994 dabei.» Er hatte die Direktorin der Marienschule in Santiago bei der Direktorenkonferenz der Deutschen Schulen in Chile 15 Jahre lang vertreten. «Nun war in diesem Jahr ausgerechnet La Serena die Gastgeberstadt und ausgerechnet an einem dieser Tage wurde der Grundstein für die neue Deutsche Schule in La Serena gelegt, zu der ich auch eingeladen war», erzählt der 64-Jährige. «Das sind Gottes Wege…der wollte, dass ich neun Jahre später an dieser Schule Lehrer werde.»
Noch weniger abzusehen war für die Familie Gómez, dass einmal eines ihrer Kinder eine deutsche Schule leiten würde. «Allein der gute Ruf des Liceo Alemán in Santiago brachte meine Eltern dazu, mich auf eine deutsche Schule zu schicken. Es gibt in meiner Familie keine deutschen Vorfahren.» Seine jüngere Schwester besuchte die deutsche Marienschule, der jüngerer Bruder wie er das Liceo Alemán. Heute sprechen beide Geschwister kein Deutsch mehr. Ganz im Gegensatz zu Carlos Gómez. Er studierte an der Universidad de Chile Deutsch auf Lehramt. «Mehrfach hatte ich Stipendien und war als Student bis zu einem Jahr in Deutschland, in Hamburg, Berlin, Freiburg und Göttingen.» Das merkt man dem Schulleiter an: Er spricht ein fehlerfreies Deutsch fast ohne Akzent.
Fortbildungskurse in Deutschland
Nach dem Studium arbeitete der sprachbegabte Mann sowohl an privaten als auch staatlichen Schulen. Darunter das Liceo Amanda Labara de Las Condes, Liceo Alemán und die Schönstätter Marienschule in Santiago, an der er fast 20 Jahre tätig war, erst als Fachleiter der Deutschabteilung, Oberstufenleiter und am Schluss als Schulinspektor. Auch in seinem Fach konnte er sich stetig weiterentwickeln: «Während dieser ganzen Zeit nahm ich mehrfach an Fortbildungskursen in Deutschland teil und habe dafür auch ein Stipendium des DAAD erhalten.»
Als er Ende 2005 gefragt wurde, ob er die Deutsche Schule von La Serena als Schulleiter übernehme, nahm er die Herausforderung an: «Wenn ich zurückschaue, denke ich, dass es eine gute Entscheidung war, um neue Wege zu gehen und neue Erfahrungen zu sammeln. Vom ersten Tag an habe ich mich hier vollkommen integriert gefühlt und wertvolle Menschen kennen gelernt, die an der Schule waren oder es immer noch sind.» Er unterstreicht: «Eines der wichtigsten und schönsten Merkmale meiner Deutschen Schule La Serena ist der familiäre und solidarische Geist der gesamten Schulgemeinschaft.»
«Deutsch zu unterrichten macht mich glücklich»
Klar war für ihn aber auch: «Ich habe immer unterrichtet und das tue ich auch jetzt noch nebenbei.» Am meisten gefällt ihm am Morgen anzukommen und seine Schüler zu begrüßen: «Die Jungen und Mädchen im Klassenraum zu erleben und Deutsch zu unterrichten, macht mich glücklich. Vor allem zu sehen, wie die Schüler lernen, wie sie Fortschritte machen und reifer werden.» Bis letztes Jahr unterrichtete er noch als Deutschlehrer.
Ganz wichtig ist ihm auch: «Mit den Eltern und Schülern sowie meinen Lehrerkollegen immer in direktem Kontakt und für sie ein offener Ansprechpartner zu sein.» Offensichtlich beruht das gute Verhältnis auf Gegenseitigkeit. Immer wieder melden sich ehemalige Schüler und Schülerinnen, die schon ihren beruflichen Werdegang abgeschlossen haben und verheiratet sind, bei ihrem ehemaligen Lehrer. «Besonders glücklich macht mich, wenn sie ihren Sohn oder ihre Tochter in unserer Schule anmelden», erzählt er. Das kommt nicht selten vorher. Die Zahl der Schüler an der sehr beliebten Schule nimmt jedes Jahr zu.
Zweisprachige Tafeln, Wegweiser und Feuerlöscher
Ein ganz wichtiges Anliegen ist dem Pädagogen, den Schülern die deutsche Sprache zu vermitteln. «Wer diese schwierige Sprache gelernt hat, hat auch die Disziplin, andere akademische Schwierigkeiten zu überwinden», ist seine Meinung. Alle Tafeln im Gebäude, wie Hinweisschilder vom Feuerlöscher oder Wegweiser, sind zweisprachig. Er hat auch durchgesetzt, dass neuerdings in der ersten und zweiten Klasse insgesamt acht Stunden pro Woche, darunter auch Kunst und Werken, auf Deutsch unterrichtet werden.
Vor zwei Jahren nahm Carlos Gomez wieder eine neues Amt an: Er wurde zum stellvertretenden Vorsitzenden der Direktorenkonferenz der deutschsprachigen Schulen in Chile gewählt. Mit großem Engagement setzt er sich für diese Institution ein: «Denn die Direktorenkonferenz ermöglicht einen ständigen Erfahrungsaustausch und einen ‘best practice’ zwischen den Deutschen Schulen. Es ist eine Bereicherung und Bestärkung für uns. Einerseits ist unsere Mission, die deutsche Sprache und Kultur zu fördern. Andererseits wollen wir als Schulleiter selber dafür bürgen, dass wir das Leitbild, das für uns als Deutsche Schulen in Chile gilt, umsetzen.» Gemeinsame Projekte gäbe es außerdem immer wieder im künstlerischen, musikalischen, sportlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Bereich.
Carlos Gomez bedauert, dass ihm wenig Zeit bleibe, neben seiner Arbeit regelmäßig Sport zu treiben oder einem Hobby nachzugehen. Den nötigen Ausgleich findet er dennoch: «Reisen, Spaziergänge am schönen Strand von La Serena mit meinem Hund, Treffen mit Freunden oder der Familie bringen mir Entspannung und Ruhe, um diese erfüllende und schöne Arbeit im Erziehungsbereich zu bewältigen.»