Abenteuer und Entdeckungen des britischen Naturforschers in Chile – Teil 1
Der britische Naturforscher und Begründer der Evolutionstheorie Charles Darwin erreichte Chile 1834 auf seiner fünfjährigen Reise um die Welt mit dem Forschungsschiff HMS Beagle. Mit seinen in den Anden gewonnenen Erkenntnissen wird er die Welt in Aufruhr versetzen.
Von Alois Schmidt
«Der Reiz des Neuen, mich auf einem Schiff zu Hause zu wissen, hat sich noch nicht verbraucht, auch habe ich nicht aufgehört, über mein außergewöhnliches Glück zu staunen, etwas teilhaftig zu werden, das ich mir in meinen wildesten Träumen niemals vorstellen konnte. Wenn es begehrenswert ist, die Welt zu sehen, was für eine seltene und ausgezeichnete Möglichkeit ist dies.»
Der 1809 geborene Engländer Charles Darwin folgt, als er gerade 16 Jahre alt ist, dem Rat seines Vaters und beginnt ein Medizinstudium. Das liegt ihm aber nicht. Er versucht es bei den Theologen. Gegen den Gedanken an eine frühe Sesshaftigkeit aber lehnt er sich auf. Hat er doch einen Blick in Humboldts Reisebeschreibungen geworfen und beschlossen, einmal dessen Spuren zu folgen. Schon damals beginnt er, Spanisch zu lernen.
Neugier, Beobachtungsgabe und interdisziplinäres Denken
In Cambridge hat er nebenbei an Vorlesungen des Botanikers John Henslow teilgenommen. Bald begleitet er den Pflanzenkenner bei Ausflügen im Feld und wird sein Lieblingsschüler. Das wird seinem Leben eine andere Richtung geben, denn der Menschenkenner Henslow hat in ihm außergewöhnliche Talente entdeckt: Neugier, Beobachtungsgabe und die Fähigkeit, in großen Zusammenhängen zu denken. Mit seiner Empfehlung bekommt Darwin die Stelle als Naturforscher auf dem Vermessungsschiff HMS Beagle, welches im Dezember 1831 zu einer zweijährigen Reise um die Welt ausgerüstet wird.
Zwar nehmen die Engländer für sich in Anspruch, die Weltmeere zu beherrschen, aber von ihren großen Männern wie Nelson, Churchill und nun auch Darwin ist bekannt, dass sie an der Seekrankheit litten. Besonders schlimm erging es dem damals 22-Jährigen bei der Rundung von Kap Hoorn: «Dies ist eine Gegend, wo Wind und Wasser niemals aufhören zu kämpfen. Um Mittag brach eine schwere See über uns hinweg. Die arme Beagle erzitterte von dem Schock und gehorchte einige Minuten lang nicht ihrem Ruder. Wäre der ersten See eine weitere gefolgt, so wäre unser Schicksal schnell und auf immer besiegelt gewesen. Ich war kaum eine Stunde frei von Seekrankheit. Mein Geist, Gemüt und Magen werden nicht mehr lange durchhalten.» Man denke nicht, diese Aussagen seien übertrieben. Die Statistik spricht von achthundert gesunkener Schiffen und zehntausend verloren gegangener Seelen.
Von Chiloé aus konnte Darwin ein Phänomen wahrnehmen, das dem Chilenen allzu bekannt ist: «Um Mitternacht beobachtete die Wache eine Art großen Stern, der bis gegen drei Uhr morgens langsam an Größe zunahm und dann ein ganz prächtiges Schauspiel bot. Mithilfe eines Glases wurden in beständiger Abfolge dunkle Gegenstände gesehen, wie sie inmitten eines grellen, roten Lichtes herausgeschleudert wurden und herabfielen. Das Licht genügte, um eine lange, helle Spiegelung auf das Wasser zu werfen. Der Vulkan Osorno war aktiv geworden.»
Eine andere Naturgewalt erlebt der Forscher, als die Beagle im Hafen von Valdivia liegt.
«Dieser Tag hat sich in den Annalen Valdivia mit dem schwersten Erdbeben, das der älteste Bewohner erlebte, tief eingeschrieben. Es brach unmittelbar aus und dauerte zwei Minuten, doch erschien die Zeit viel länger. Das Schwanken des Bodens war deutlich zu spüren. Es war nicht schwer, aufrecht zu stehen, doch die Bewegung machte mich fast schwindlig.» Darwin stellte fest, dass die Erde keineswegs einen immer beständigen festen Grund bietet. Er ahnt, dass sich bei solchen tellurischen Ereignissen Veränderungen sogar der Landschaft ergeben mussten. Heute wissen wir, dass sich die Anden allein in dem Zeitraum von vor zehn bis vor sechs Millionen Jahren um etwa zweieinhalb Kilometer anhoben.
Charles Darwin (1809-1882)
Der bedeutende englische Naturwissenschaftler erläuterte in seinem 1859 veröffentlichten Buch «Über die Entstehung der Arten», wie sich Tier- und Pflanzenarten durch natürliche Selektion im Laufe der Zeit verändern und dass die heute existierenden Lebewesen allesamt von gemeinsamen Vorfahren abstammen. Darwin leistete mit diesem Werk einen grundlegendenden Beitrag zur Evolutionstheorie.
Auf seiner fünfjährigen Weltreise auf der «Beagle» (1831-1836) hatte er bereits wertvolle Erkenntnisse sammeln können, die er später in seinem Buch verwertete.
Einige der Darwinschen Schlussfolgerungen, von Ernst Mayr zusammengefasst:
- Jede Art bringt genügend Nachkommen hervor, sodass der Bestand wachsen würde, wenn alle Nachkommen überlebten.
- Trotz (periodischer) Schwankungen bleibt der Bestand stets etwa gleich groß.
- Ressourcen wie Nahrung sind begrenzt und ihr Umfang im Verlauf gleich bleibend.
- Daraus folgt ein Kampf ums Überleben.
- Die Individuen einer Bevölkerung unterscheiden sich deutlich voneinander.
- Diese Variationen sind erblich.
- Individuen, die weniger gut an ihre Umwelt angepasst sind, haben eine geringere Überlebenschance und weniger Nachkommen. Individuen, die besser an ihre Umwelt angepasst sind, haben eine höhere Überlebenschance und mehr Nachkommen. Sie vererben ihre Eigenschaften. Dies resultiert in einer natürlichen Selektion.