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sábado, 18. enero 2025
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Carolin Aurich – Abiturientin und Freiwillige im Sozialen Jahr in Chile

«Helfen kann nur, wer anpackt»

Carolin Aurich
Carolin Aurich

Carolin Aurich aus Kaiserslautern absolviert ein Freiwilliges Soziales Jahr in einem Kinderheim in der Nähe von Limache. Die 19-Jährige hilft dort beim Einkaufen und Kochen, und manchmal unterrichtet sie sogar die Kinder. Einfach war es am Anfang nicht.

Von Silvia Kählert

Sportlich wirkt das braunhaarige Mädchen gleich auf den ersten Blick. «Ich bin ein echter Outdoor-Mensch», bestätigt Carolin Aurich den Eindruck. Dieses Interesse teilt sie mit ihrem Vater. Nach dem Abitur im letzten Jahr verbrachten beide zwei Wochen in den Bergen in Alaska: «Das war einmalig.»

Dies ist aber nur ein Teil von Carolins Persönlichkeit. Ende Juni letzten Jahres begann die 19-jährige ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im Kinderheim «Hogar Campo Los Espinos» in San Pedro, zwischen Limache und Quillota gelegen. Bei ihrer Ankunft war sie gleich beeindruckt: «Dies ist ein wunderschöner Ort – ein großes Gelände und viel Freiraum.»

Die Gründerin Beatrix Loos arbeitete selbst als 19-jährige vor 30 Jahren in einem chilenischen Kinderheim. Diese damals mit Stacheldraht hermetisch abgeriegelten Anstalten brachten sie auf die Idee, ein Heim auf dem Lande mit Bauernhof zu errichten. So wie Carolin aus Kaiserslautern stammend, gründete Beatrix Loos dort den Verein «Juntos», der den «Hogar Campo» finanziell unterstützt. Als Carolin auf der Suche nach einer Stelle für ein Freiwiliges Soziales Jahr war, erfuhr sie zufällig über Kontakte von «Juntos». Die Schülerin bewarb sich und erhielt den Platz.

Arbeit in schwierigen Familienverhältnissen

Nun arbeitet sie mit zwei anderen Freiwilligen aus Deutschland dort bereits über sieben Monate. «Wir kümmern uns im Heim um 24 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren. Sie kommen aus sehr schwierigen Familienverhältnissen.» Ziel sei, dass sie irgendwann wieder ganz in ihre Familien zurückkehren können. Das sei allerdings nicht einfach. «Die Kinder hier rasten ab und zu aus, schreien oder treten irgendwo gegen.» Die Gründe sind ihr allerdings klar: «Es hat mich schon sehr geschockt zu erfahren, was diese Kinder Schlimmes erlebt haben», sagt Carolin. «Es nützt aber nichts, traurig zu bleiben. Helfen kann nur, wer anpackt.» Die Vielfalt der Aufgaben, die familiäre Atmosphäre und das «nette Miteinander im Team» von insgesamt 25 Personen gefallen der Kaiserslauterin sehr. «Ich helfe bei Ausflügen, den Nachtdiensten, gehe einkaufen, koche in der Küche mit. Außerdem unterrichte ich manchmal in der Schule nebenan, die bis zur achten Klassen geht. Und ich bin da, wenn Not am Mann ist», berichtet sie glücklich mit ihrer Aufgabe.

Interesse an weltpolitischen Themen

Carolin hat zwei jüngere Brüder von 13 und 15 Jahren. Die Eltern sind berufstätig. Daher ist sie es gewohnt, im Haushalt mitzuhelfen. Als sie 14 Jahre alt war, ist ihre Familie wegen der Arbeit ihres Vaters ein Jahr nach Kaliforien gezogen. Von dieser Zeit sagt sie: «Ich habe mich sehr verändert. Plötzlich war mein Interesse an weltpolitischen Themen und an Kultur geweckt.» Ihr engagierter Geschichtslehrer am Hohenstaufen-Gymnasium in Kaiserslautern brachte sie auf die Idee an der «Oldenburg Model United Nations Conference» teilzunehmen. Dies ist eine internationale viertätige Konferenz, die Schüler von Oldenburger Gymnasien organisieren. Einmal im Jahr nehmen rund 800 Jugendliche teil – auch aus etwa sieben anderen europäischen Ländern, wie Italien, Türkei oder Niederlanden. Carolin fand es sehr spannend bei diesem Planspiel «Vereinte Nationen» die Rolle einer Delegierten eines anderen Landes zu übernehmen: «Als Mitglied eines der Komitees, wie zum Beispiel zum Thema Menschenrechte oder Umwelt, muss man dann Resolutionen erarbeiten. Wir debattierten und versuchten uns mit anderen Nationen zu verbünden, damit am Schluss unsere Resolution von allen Delegierten anerkannt wird – und das alles auf Englisch.»

Zwei Welten: Spanisch und Chilenisch

Daher wollte sie auch gerne ihr FSJ nach dem Abitur im Ausland verbringen und zwar möglichst im spanischsprachigen: «Englisch spreche ich schon gut, auch durch mein Jahr in den USA.» Eine kalifornische Freundin gebürtig aus Mexiko lebte ein Jahr in ihrer Familie in der Pfalz. «Darum dachte ich mir, dass Lateinamerika interessant wäre.» Etwas Spanischunterricht gab es an ihrer Schule in Kalifornien. «Allerdings sind das zwei Welten: Das Spanisch, das ich gelernt habe und das Chilenisch, das ich hier höre.» Das empfand die FSJ-lerin als echte Herausforderung: «Doch wenn man rund um die Uhr mit der Sprache in Kontakt ist, geht es irgendwann mit dem Verstehen und Sprechen.»

Die Erfahrung mit Kindern gearbeitet zu haben, kann die junge Frau auch in ihr FSJ einbringen. «Vor drei Jahren fehlte ein Trainer bei uns im Verein und da beschloss ich mit einer Freundin, die Leichtathletikgruppe der acht- bis zwölfjährigen zu übernehmen.». Natürlich seien diese Kinder ganz anders als die, die sie im Heim betreut. Daher helfen dort angestellte Psychologen, die auch die Eltern der Kinder begleiten.

Freude aufs Studium und Patagonien

Was ihren weiteren Berufsweg angeht, scheint der festzustehen. Carolin hat bereits einen Studienplatz für Medizin an der Universität Homburg sicher. «Naturwissenschaften und insbesondere Biologie haben mich in der Schule immer am meisten interessiert.» Am Medizinstudium gefällt ihr, dass sie sich noch offenhalten kann, was genau ihre Tätigkeit einmal sein wird: «Ob Arzt oder Forschung – beides würde mich interessieren.» Die Naturwissenschaften liegen anscheinend in der Familie: Ihr Vater arbeitet als Professor für Produktionstechnik und ihre Mutter ist Biologie-, Musik- und Englischlehrerin.

Mit ihren Eltern und beiden Brüdern wird sie, bevor es in die Heimat zurückgeht, in Chile reisen. Auf Patagonien freut sich Carolin als echte Outdoor-Sportlerin besonders: Die ganze Familie wird im April im Nationalpark Torres del Paine den vier-tägigen W-Trek entlangwandern.

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