Von Walter Krumbach
Die Platte enthält Querschnitte eines Konzertabends, den Aria Callas im November 1962 mit Stücken aus «Don Carlo» (Giuseppe Verdi) und «Carmen» (Georges Bizet) gab, sowie dem 2. Akt von Giacomo Puccinis «Tosca», den das Fernsehen im Februar 1964 mitschnitt. Gespannt legt man die Disc ein und erlebt zunächst einmal eine herbe Enttäuschung. Die Bildqualität entspricht nicht einmal annähernd dem Standard des hochauflösenden Fernsehens. Die Unschärfe, Kontrastarmut und Räumlichkeit-Einschränkungen sind eher charakteristisch für die Optik, die die Fernsehtechnik in den 1960-er Jahren imstande war, wiederzugeben. Offenbar handelt es sich hier um Magnetaufzeichnungen (Videotapes). Um diese Qualität zu reproduzieren, hätte eine herkömmliche DVD ausgereicht! Weshalb also gab die Warner Classics ihre Produktion auf einer hochauflösenden Blu-ray-disc heraus? Hier waren Marketing-Gründe im Spiel – anders lässt sich so eine Entscheidung nicht erklären. Im Endeffekt zahlt der Kunde einen Aufpreis und bekommt dafür nichts.
Die Tonspur ist auf dem Etikett als «5.1» angegeben, was nach dem Einlegen die elektronische Anzeige des Plattenspielers auch bestätigt. Das Ohr dagegen vernimmt überdeutlich – o Ernüchterung – eine Mono-Wiedergabe. Diese reicht jedoch aus, um dem Geschehen akustisch gut folgen zu können. Man stellt fest, Maria Callas ist auf dem Höhepunkt ihrer Leistungsfähigkeit. Die Stimme ist ausdrucksintensiv, die Darstellung hinreißend. In ihren Sängerkollegen Renato Cioni und Tito Gobbi sowie den Kapellmeistern Georges Prêtre und Carlo Felice Cillario hat sie ebenbürtige Partner.
Die Filme dokumentieren eindringlich Callas‘ Kunst. Sie lebt sich in die Figuren hinein und schafft dabei Gestalten von einzigartiger Kraft. Manch eine Geste mag dabei in ihrer Dramatik übertrieben wirken, was aber eindeutig daran liegt, dass sie wiederholt in Großaufnahme gezeigt wird, obwohl sie ihre Emotionen, wie sich das im Theater geziemt, auf 30 Meter Entfernung ausstrahlt.
Extras sind keine vorhanden. Im Beiheft erscheint ein Artikel (nur Englisch), der Altbekanntes aufwärmt und somit für Callas-Kenner nicht besonders informativ ist. Die Platte ist schon ein Paradoxon: Die künstlerischen Darbietungen sind wahre Jahrhundertereignisse, die technische Wiedergabe und Verarbeitung dagegen ein Flop.
«Maria Callas at Covent Garden»: Giuseppe Verdi: «Tu che le vanità» aus der Oper «Don Carlo»; Georges Bizet: Ausschnitte aus der Oper «Carmen»; Giacomo Puccini: 2. Akt der Oper «Tosca». England, 2015. Produktion: Bill Ward. Musikalische Leitung: Georges Prêtre, Carlo Felice Cillario. Mitwirkende: Maria Callas, Tito Gobbi, Renato Cioni u. a. Spieldauer: 69 Min.
Bild *
Ton **
Darbietung *****
Extras *