Geschichten vom Flohmarkt vor der eigenen Haustür
Liebe Cóndor-Leser,
vor unserem Umzug nach Deutschland müssen wir viele Haushaltsgegenstände verkaufen. Und so bringen wir zwei Tage vor unserer «venta de garage» («Garagenverkauf») im Stadtviertel viele Hinweisschilder an Bäumen und Laternenpfählen an. «Papa, ich glaube, da wird niemand kommen», sagt mir unser kleiner Sohn Aike (7) missmutig. Ich erwidere: «Weißt du, Aike, ich glaube es ehrlich gesagt auch nicht.»
Doch wir haben uns mächtig getäuscht. Schon am Samstagmorgen geht es los. Vier ältere Damen erscheinen bei uns und kaufen uns einen Großteil der Küchenutensilien ab. Pfannen, Kochtöpfe, Plastikboxen – ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass sich dafür jemand interessiert.
Karaoke-Anlage, ausländische Münzen und ein Weihnachtsmann
Und das ist erst der Anfang. Die Temperatur steigt, aber der Besucherstrom reißt nicht ab. Während die Damen mein Badezimmer besetzt haben, um dort Kleidung meiner Frau anzuprobieren, fährt ein berufsmäßiger Kleinhändler auf seinem Fahrrad und mit lauter Musik im Rucksack auf unser Grundstück. Die Karaoke-Anlage nimmt er mit, ein anderer Händler ergattert eine Sammlung ausländischer Münzen. Chile – siempre sorprende!
Ein Weihnachtsmann aus Porzellan erfreut sich bei dieser Hitze großer Beliebtheit und geht für 2.000 Pesos über den Ladentisch. Ebenso zwei Heizungen und ein Paraffin-Ofen. Kluge Menschen planen eben im Voraus. DVD-Spieler, Wasserpistole und Wasserkocher finden Abnehmer, ja selbst unseren großen Kaktus nehmen sie mit. Ein Venezolaner ersteht meinen alten Bergsteigerrucksack und dazu die ausgetretenen Wanderschuhe. Venezuela – también siempre sorprende.
Einige Gäste sind so kauffreudig und fragen nach Dingen, die wir gar nicht loswerden wollen. Was ist mit den eingerahmten Bildern? Ich muss unseren letzten Bestand gegen den Konsumrausch verteidigen und winke vehement ab. Fehlt nur noch, dass jemand meine liebe Frau kaufen will.
Am Ende steht eine weise Erkenntnis: Unterschätze niemals Krimskrams (cachureo, cachivache). Denn Kleinvieh macht auch Mist.
Herzlichst Ihr
Arne Dettmann