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Lord Cochrane – Schrecken der Spanier, Freund der Chilenen

Gedenktafel anlässlich des Jubiläums 200 Jahre chilenische Marine

Thomas Cochrane, 1755 bis 1860

Anlässlich des 200. Jubiläums der chilenischen Marine hat das Land einen ihrer ganz großen Seehelden geehrt: Zur Einweihung einer Skulptur von Lord Cochrane kam Prinzessin Anne, Tochter der britischen Königin Elizabeth II., höchstpersönlich nach Santiago.


Die historische Bedeutung des einstigen Unabhängigkeitskämpfers lässt sich vielleicht an der Skulptur selbst ablesen: Ganze 2,20 Meter misst die Bronzefigur, sie wiegt stolze 1,5 Tonnen und thront auf einem 5,10 Meter hohen Sockel mitten auf der Hauptverkehrsachse Alameda im Zentrum von Santiago de Chile. Ende November nahm Princess Royal Anne an der Einweihung dieser Statue teil, von der eine weitere bereits seit 1873 in der Hafenstadt Valparaíso steht. Denn seine Abenteuer spielten sich auf dem Meer ab.

Prinzessin Anne weiht eine Statue zu Ehren von Lord Cochrane ein

Ein argentinisch-chilenisches Heer aus Patrioten hatte sich zwar in der berühmten Schlacht von Maipú am 5. April 1818 gegen die spanischen Royalisten durchgesetzt. Doch Bernardo O´Higgins, erster Führer des unabhängigen Chiles, erkannte ganz richtig, das die gewonnene Freiheit auch auf dem Wasser verteidigt werden musste. Noch am 28. November desselben Jahres traf Lord Cochrane in Valparaíso ein mit dem Auftrag, als erster Vizeadmiral und Befehlshaber der kleinen chilenischen Flotte gegen spanische Schiffe und Festungen an der Küste vorzugehen.


Die Mission: Verfolgung und Zerstörung spanischer Schiffe

Der 1775 geborene Thomas Cochrane war schon damals kein Unbekannter. In den Napoleonischen Kriegen zeichnete er sich in der Royal Navy als ein erfolgreicher Führer von kleinen bis mittleren Kampfschiffen aus. Mit der Kaperung von mehr als 50 Schiffen störte er den Handel im Mittelmeer so empfindlich, dass die spanische Regierung ihm hinterher jagte. Auch als Mitglied des britischen Unterhauses schuf er sich mit seiner scharfen Kritik an Kriegführung und Korruption in der Marine mächtige Feinde. Schließlich verließ Cochrane seine Heimat und folgte dem Ruf aus Chile.

Hier lautete sein Ziel: Störung der Spanier und Erlangung der Hoheit auf dem Pazifik. Zweimal blockierte er den Hafen von Callao des Vizekönigreiches Peru, bevor er sein Geschwader zum südchilenischen Valdivia lenkte. Dort vollbrachte er am 3. und 4. Februar 1820 ein Husarenstück: Beim Einlaufen in die Bucht von Corral hisste Cochane die spanische Flagge und täuschte somit seine Gegner. Der Überraschungsangriff gelang. Die Verteidigungsanlage mit insgesamt 17 Forts um Corral und Valdivia, die bis dato als uneinnehmbar galt, wurde praktisch von nur zwei Schiffen unter seinem Befehl und 350 Unabhängigkeitskämpfern eingenommen. Auf der Gegenseite standen mehr als 1.600 Soldaten, von denen sich viele ergaben oder flohen. In die Hände der Chilenen fielen 128 Kanonen, 17.000 Patronen und 1.000 Zentner Schießpulver.

Die Einnahme Valdivias 1822: Zwei Schiffe feuern auf die Festung Niebla.

Das Kapern der Fregatte «Esmeralda»

Mit der Niederlage in Valdivia verlor die spanische Krone eine bedeutende Enklave in ihrer alten Kolonie. Die Royalisten verschanzten sich auf der Insel Chiloé. Beschwingt durch seinen Erfolg in Valdivia griff Cochrane nur zwei Wochen später dort das Fort Agüi an, scheiterte allerdings. Chilenische Truppen vermochten erst im Januar 1826 die Stadt Ancud zu erobern und somit die letzte Bastion der Spanier einzunehmen.

Lord Cochrane segelte anschließend unter chilenischer Flagge als Kommandant einer Befreiungsflotte erneut nach Callao. Am 5. November 1820 gelang ihm dort erneut ein tollkühner Handstreich. Heimlich enterte seine Truppe in der Nacht die praktisch unbewachte Fregatte «Esmeralda», das Flaggschiff der Spanier. Das Beutestück mit 44 Kanonen an Bord wurde noch im selben Jahr in «Valdivia» umbenannt.

Die dritte Belagerung Callaos durch acht chilenische Kriegsschiffe endete am 19. September 1821 mit der Kapitulation der Stadt. Als Teil dieser sogenannten Expedición Libertadora del Perú hatte der argentinische General José de San Martin mit seinen Truppen bereits im Juli Lima besetzt und dort offiziell die Unabhängigkeit Perus ausgerufen.


Unabhängigkeitskämpfer für Brasilien

Ein schwerer Streit mit San Martín trieb Cochrane dazu, die peruanischen Gewässer zu verlassen und mit den Schiffen «O´Higgins», «Valdivia», «Independencia», «Araucano» und «Mercedes» die letzten Streitkräfte der spanischen Armada ausfindig zu machen. Der Weg des Geschwaders führte dabei in die mexikanische Hafenstadt Acapulco bis nach Kalifornien und über Guayaquil zurück nach Chile. Hier in Valparaíso wurde dem Briten schottischer Abstammung nach 22 Monaten Abwesenheit ein begeisterter Empfang bereitet.

Der Seeheld nahm später das Angebot von Peter I., Kaiser von Brasilien, an und kämpfte als Kommandant der brasilianischen Flotte gegen portugiesische Truppen, die sich trotz der Unabhängigkeitserklärung noch immer im Land aufhielten. Durch eine Blockade der Hafenstadt Bahía erreichte er die Evakuierung der portugiesischen Truppen, deren Konvoy von 80 Schiffen er auf offener See mit nur einem Segler mit ihm selbst auf der Kommandobrücke zwei Wochen lang angriff. Nur 26 Schiffe erreichten Portugal.

Damit nicht genug. Cochrane segelte nach Maranhão und erklärte der dortigen portugiesischen Garnison, dass eine Übermacht an brasilianischen Streitkräften im Anmarsch sei. Wozu also unnötig Blut vergießen? Der Bluff ging auf, die Portugiesen ergaben sich kampflos. Brasilien war de facto frei von der einstigen Kolonialmacht.


Gründungsvater der chilenischen Marine

Cochrane beteiligte sich von März 1827 bis Dezember 1828 im griechischen Unabhängigkeitskrieg gegen das Osmanische Reich, wenn auch weniger erfolgreich und effektiv als bei seiner vorherigen Gefechten. Er kehrte nach Großbritannien zurück, wurde 1842 Vizeadmiral und Oberkommandierender der britischen Flotte in Nordamerika und Westindien, ab 1851 dann Admiral. Cochrane starb 1860 und wurde in London in der Kirche Westminster Abbey beigesetzt.

Cochrane wird heute als einer der Gründungsväter der chilenischen Marine betrachtet. Mehrere Schiffe, eine Stadt, ein Fluss und ein See in Chile wurden nach ihm benannt. General San Martín gab ihm den Spitznamen «metálico lord» («eiserner Lord») aufgrund dessen reicher Beute während seiner Kaperfahrten. Die Franzosen hatte diesen mutigen und erfolgreichen Kapitän bereits vorher anerkennend als «Seewolf» bezeichnet.

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