Deutsche und chilenische Forscher entwickelten Software zur Optimierung der Strahlentherapie
Das Deutsche Krebsforschungszentrum DKFZ kooperiert mit der Universidad Católica und der Clínica Alemana, um die Effizienz der Strahlentherapie in der Krebsbehandlung zu erhöhen. Eine von deutschen und chilenischen Forscherngemeinsam entwickelte Software dient dazu, die Beschädigung von gesundem Gewebezu verringern. Deutsche und lateinamerikanische Forscher trafen sich dazu jetzt im Heidelberg Center in Santiago.
Von Petra Wilken
Dr. Mark Bangert zeigt auf seinem PC die Computertomografie eines Kopf-Hals-Patienten. Ein großes Feld markiert den Tumor, der sich in den Nebenhöhlen ausgebreitet hat. Die in seinem Team am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg entwickelte Software sucht die Parameterfür die Strahlentherapie und berechnet dabei unter anderem die Intensität der Einstrahlung sowie die Beamrichtung. In diesem Fall sollen die Speicheldrüsengeschont werden, da der Patient bei Beschädigung mit großen Einbußen in der Lebensqualität zu rechnen hätte.
Als weiteres Beispiel nennt der deutsche Medizinphysiker Bestrahlungen von Brusttumoren, bei denen darauf geachtet werden muss, dass Herz und Lunge nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Schon allein die Atmungsbewegung während der Bestrahlung oder die Entspannung der Patienten kann dazu führen, dass das Herz näher an das Strahlenfeld rückt. Zudem besteht beiLungenpatienten die Gefahr von Pneumonitis.
Neue vielversprechende Krebstherapien
Internationaler Standard ist die sogenannte intensitätsmodulierte Strahlentherapie mit Photonen. Die früher übliche Bestrahlung mit radioaktivem Kobalt ist bereits seit längerem abgeschafft. Neue, vielversprechende Technologien basieren auf der Bestrahlung mit Protonen und hochpräzisen Kohlenstoffionen. Sie sind jedoch aufgrund der höheren Kosten bisher nur ingeringem Umfang im Einsatz.
Für jede Art der Bestrahlung müssen jeweils mehr als eintausend Parameter festgelegt werden. Zu deren Optimierung ist am Deutschen Krebsforschungszentrum die Software MatRad entstanden. Hervorgegangen ist sie aus dem gemeinsamen Masterprogramm der Universität Heidelberg und derUniversidad Católica, der einen Doppelabschluss in medizinischer Physik ermöglichte. Ein chilenischer Absolvent war 2014 während eines sechsmonatigen Austausches in Heidelberg maßgeblich an der Entwicklung des Prototyps von MatRad beteiligt.
Software MatRad für eine bessere Strahlentherapie
Inzwischen nutzen 25 Forschungsgruppen die Software, darunter das weltweit größte Krebsforschungsinstitut, das MD Anderson Cancer Center in Houston, neben vielen anderen europäischen Unis wie die Universität Oxford und zudem Einrichtungen in Asien und Australien. MatRad kann überall frei heruntergeladen werden. «Für uns ist es wichtig, dass die Software frei verfügbar und reproduzierbar ist. Damit können Dozenten und Studierende sozusagen unter die Motorhaube gucken und sehen, wie alles funktioniert», erklärt Bangert.
«Von dieser neuen Art der wissenschaftlichen Zusammenarbeit profitieren alle», fügt sein Kollege Dr. Niklas Wahl hinzu. «Die Unis können überall frei mit dem Werkzeug umgehen und es weiterentwickeln. Unser Interesse ist es, dass sie uns dann wieder Rückmeldung geben.» Um Kooperation und Austausch geht es auch bei dem Projekt CGCoMPRO (Chilean-German Consortium for Medical Physicsin Radiation Oncology), an dem seit Anfang 2018 die Universität Heidelberg, aus Chile die Pontificia Universidad Católica und die Clínica Alemana sowie aus Medellin in Kolumbien die Clínica El Rosario teilnehmen. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF mit dem Ziel, Forschungs- und Kollaborationsstrukturen für die Strahlentherapie und die Radiologie mit bildgebenden Verfahren, sprich Magnetresonanztomografie, zu schaffen.