Von Walter Krumbach
Mit «Der Untergang», einer düsteren Chronik der letzten Tage Hitlers im Führerbunker, erlangte Regisseur Oliver Hirschbiegel im Jahr 2004 Weltberühmtheit. Elf Jahre später legte er einen neuen Film über das Dritte Reich vor, «Elser», der das Attentat auf Hitler im November 1939 thematisiert. An den Erfolg des «Untergangs» konnte er zwar nicht anknüpfen, aber die Schilderung über den Einzelgänger, der im Münchner Bürgerbräukeller eine Zeitbombe zündet, um Hitler umzubringen, ist ebenso spannend wie überzeugend inszeniert.
Elser wird noch am gleichen Abend des Attentats beim Versuch, über die Schweizer Grenze zu entkommen, verhaftet. Bei den Verhören der Gestapo irritiert er seine Peiniger mit der Aussage, er habe den Anschlag allein vorbereitet und durchgeführt. Es erscheint ihnen nicht glaubhaft, dass der einfache Mann aus dem Arbeitermilieu eine derartig präzise Planung und dazu die Konstruktion des Uhrenmechanismus ohne fachmännische Hilfe hatte durchführen können. Zudem erhalten die Gestapo-Leute von Hitler höchstpersönlich den Befehl, ihn nach den Hintermännern auszufragen: «Der Führer will wissen, wer dahintersteckt. Er ist mit seiner Geduld am Ende», wettert ein irritierter Offizier.
Elser wird grausam gefoltert, aber es hilft nichts. Der Täter hatte keine Helfer, weshalb er auch niemanden verraten kann. Hirschbiegel inszeniert die Verhöre dermaßen knallhart, dass man sich fragt, wer sadistischer ist, die Gestapoleute mit Elser oder der Regisseur mit seinen Zuschauern. Die Untersuchung währt Jahre, Elser wird ins KZ Dachau verschleppt, wo ihn schließlich im April 1945 ein geheimes Kommando bei Nacht und Nebel hinrichtet.
Beim Betrachten des Films fällt zunächst die akkurate Epochenwiedergabe auf. Kleidung, Frisuren, Bauten und Landschaften versetzen das Geschehen unmissverständlich in das Deutschland der 1930er Jahre. Die Handlung beginnt mit der Fertigstellung der Bombe und der Explosion. Verschiedene Rückblenden zeigen anschließend Elsers Werdegang. Er liebäugelt mit der «Roten Front», wird politisch aktiv und lässt sich mit Elsa Herlein auf ein verworrenes Verhältnis ein. Die Frau ist mit einem Alkoholiker verheiratet, der sie brutal misshandelt.
Die Bilder der Friedenszeit in der bayerischen Provinzidylle sind von imponierender Schönheit und mit leuchtkräftigen Farben ausgestattet. Der Kriegsalltag und die Vernehmungen dagegen sind in eher kühlen, meist strengen Kontrasttönungen gehalten.
Der Anspruch auf geschichtlichen Wirklichkeitssinn geht so weit, dass zum Beispiel Hitlers Rede vom 8. November 1939 im Originalton zu hören ist, während der Darsteller ihn synchron (will heißen: pantomimisch) spricht.
Die Platte enthält drei kurze Extras: eine Dokumentation erläutert, wie Häuserfassaden und Landschaften am digitalen Regietisch auf 1938 getrimmt wurden, zweitens kann man die vom Editor beseitigten Szenen in Augenschein nehmen und drittens ist ein Trailer beigefügt, der ob seiner iberisch-spanischen Fassung gewöhnungsbedürftig ist.
«Elser – Er hätte die Welt verändert», Deutschland, 2015.Regie: Oliver Hirschbiegel. Produktion: Boris Ausserer, Oliver Schündler, FredBreinersdorfer. Drehbuch: Fred Breinersdorfer, Léonie-Claire Breinersdorfer. Musik:David Holmes. Kamera: Judith Kaufmann. Schnitt: Alexander Dittner. Mit: ChristianFriedel, Katharina Schüttler, Burghart Klaußner, Johann von Bülow u. a. Spieldauer:113 Min.
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