Deutsch-chilenische Wirtschaftsbeziehungen gestärkt
«Die Beziehungen zwischen Chile und Deutschland sind hervorragend», erklärte sichtlich erfreut Chiles Präsident Sebastián Piñera in seiner Rede im festlich geschmückten Börsensaal der Industrie- und Handelskammer Hamburg. Das Galadinner mit 350 Gästen, darunter die über 20-köpfige Delegation des chilenischen Präsidenten, bildete den Höhepunkt des zum 69. Mal stattfindenden Lateinamerika-Tages.
Von Silvia Kählert
Der Lateinamerika Verein (LAV) hatte am 11. und 12. Oktober Regierungsvertreter, Unternehmer und Vertreter der lateinamerikanischen Handelsallianzen zu dem Treffen eingeladen. Dieses Jahr war Chile das Land, das im Mittelpunkt stand. Das Interesse an der Veranstaltung war groß: Der LAV registrierte einen Rekord von 1.250 Anmeldungen.
Ehrengast Präsident Piñera nahm an diesem Abend die Gelegenheit war, ein Fazit seines Treffens mit Kanzlerin Angela Merkel zu ziehen: «Wir haben ein sehr ehrliches, offenes und fruchtbares Gespräch geführt. Wir haben mehrere Abkommen unterschrieben.»
Gute Ausbildung als Voraussetzung für Industrie 4.0
Vor allem hinsichtlich der Umwelt sollten gemeinsam Standards gesetzt und erreicht werden. Vorbild sei Deutschland auch, was die Ausbildung angehe. Bei Siemens in München habe er sich persönlich Einblick in das duale Ausbildungssystem verschafft. «Eine gute Ausbildung ist Voraussetzung für Industrie 4.0», sagte der Präsident. Was Chiles Wirtschaft angehe, erklärte er, dass sein Land nach einer Phase der Stagnation nun wieder mit einem Wachstum von vier Prozent rechnen könne.
Die engen, guten Beziehungen Deutschlands zu Chile und die rasante Entwicklung Chiles zu einem Land, das Finanzsicherheit und verlässliche Rahmenbedingungen bietet, unterstrichen die chilenische Botschafterin, Cecilia Mackenna Echaurren, Oliver Rotmann, Geschäftsführer von Bosch Chile und Präsident der Deutsch-Chilenischen Industrie- und Handelskammer AHK Chile (Camchal), und der Hamburger Bürgermeister und Schirmherr des Lateinamerikatags, Peter Tschentscher, in ihren Begrüßungsreden. «Chile ist ein Fels in der Brandung», stellte Bodo Liesenfeld fest. Der Vorsitzende des LAV sieht die von der Regierung Piñera von 2 auf 3,5 Prozent des BIP erhöhten Investitionen in die Infrastruktur und den fortgeschrittenen Fertigungsgrad in der Lebensmittelindustrie Chiles als bahnbrechend an.
Stärkere Kooperation in Energiepolitik
Ulrich Nussbaum, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, sagte bei seiner Begrüßung am zweiten Konferenztag: «Das freundschaftliche Verhältnis zwischen Deutschland und Chile sorgt für Vertrauen.» Beide Länder haben daher ein neues Abkommen unterzeichnet, um in der Energiepolitik stärker zu kooperieren. Ein zweites betrifft das Managerfortbildungsprogramm «Fit for Partnership», das chilenische Führungskräfte auf die Geschäftsanbahnung mit deutschen Firmen vorbereitet. Außerdem einigten sich Chile und Deutschland auf ein drittes Abkommen, das audiovisuelle Co-Produktionen wie Kinofilme fördern soll.
Was das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen beiden Ländern angehe, wolle man sich darüber in Kürze auch einig werden, meinte Nussbaum. Er sieht gute Chancen für weitere Kooperationen: «Chile bietet beste Voraussetzungen, besonders im Bereich Handel, Energie und nachhaltiger Bergbau.»
In der Podiumsdiskussion am zweiten Konferenztag ging es besonders um Chancen deutscher Unternehmen in Chile. Alexander Schütz, Geschäftsführer der Knauf Engineering GmbH und Vorstandsmitglied des Lateinamerika-Vereins, berichtete: «Wir vertreiben seit rund 20 Jahren gipsbasierte Baustoffe in Chile. Nun haben wir ein neues Kapitel aufgeschlagen: Erwerb eines Werks und Bau zweier Werke.»
Nach sehr guten Erfahrungen in dem südamerikanischen Land habe er aber festgestellt, dass aufgrund bürokratischer Abläufe der Baubeginn unerwartet lange dauere. Auch die Energiepreise in Chile finde er auffallend hoch. Dagegen lobte Schütz die stabilen Rahmenbedingungen und als große Stärke Chiles die überdurchschnittlich gut qualifizierten Arbeitskräfte: «Da sticht Chile in Südamerika sehr positiv hervor.»
Camchal setzt auf beruflich-technische Ausbildung
Gabriele Lothholz, Vizepräsidentin des Präsidiums der Camchal, erklärte dazu: «Die Camchal lenkt ihr Hauptaugenmerk auf die beruflich technische Ausbildung.» An ihrer Verbesserung arbeite die AHK Chile mit mehreren Projekten, die sich am deutschen dualen Ausbildungssystem orientieren. Dazu gehöre eine Arbeitsgruppe, die sich mit den Bedürfnissen der Unternehmen in Chile hinsichtlich einer beruflichen Ausbildung beschäftige.
Jorge O´Ryan, Direktor von ProChile, hob die guten Möglichkeiten für die Zusammenarbeit deutscher und chilenischer Unternehmen bei Bio-Lebensmitteln und Solarenergie hervor. Der ehemalige chilenische Botschafter in Deutschland sieht großes Potenzial für die deutsch-chilenischen Wirtschaftsbeziehungen. Daher eröffne ProChile, die Institution des chilenischen Außenministeriums zur Exportförderung, nun ein weiteres Büro in München neben den bereits bestehenden in Berlin und Hamburg: «Mit 56 Büros weltweit und insgesamt 16 in Chile in jeder Region haben wir bereits ein sehr gutes Netzwerk.» Außerdem erwähnte O´Ryan, dass das seit 2003 bestehende Abkommen mit der Europäischen Union modernisiert werde.