Wie unser neues Bad zum Notfall wurde…
Liebe Cóndor-Leser,
eigentlich hätte ich es wissen müssen nach unseren negativen Erfahrungen: Wenn chilenische Handwerker ins Haus kommen, dann musst du mit dem Schlimmsten rechnen. Eingebaute Schlösser, die nicht schließen; installierte Fenster, denen der Isolationsrahmen fehlt; und Schrauben, die mit dem Hammer brutal ins Holz eingeschlagen werden – das alles hatten wir schon mitgemacht.
Doch bei der Renovierung meines kleinen Badezimmers sollte es anders werden. Er habe die Lage völlig im Griff, der Einbau sei ein Klacks, alles sei machbar, versicherte uns der Auftragnehmer. Heute weiß ich: Wir verließen uns auf ihn – und waren verlassen.
Zigarettenstummel im Garten und schiefe Handtuchhalter im Bad
Denn auf einmal, mitten in der Arbeit, waren die drei Handwerker weg. Ein «Notfall» woanders, erklärten sie per Handy. Und so lag die Baustelle fünf Tage lang brach, wir stolperten über Fliesen und Zementsäcke im Flur und wichen auf das Bad meiner Frau aus. Dann kamen sie wieder, trotzdem ging es aber nur schleppend voran. Warum, das ist mir ein Rätsel. Es sollte doch kein neuer Costanera Center gebaut werden, sondern nur ein Bad von sechs Quadratmetern.
Ich nutzte diese lange Zeit und sammelte die Zigarettenstummel ein, die sie während ihrer Pausen in unseren Garten geworfen hatten. Einen Aschenbecher nahmen sie verwundert aber dankbar entgegen.
Aber als sie endlich fertig waren, merkten wir, dass unsere Handwerker es offenbar auch mit den Möbeln nicht so genau genommen hatten. Die Schubladen öffneten sich nur schwerfällig, Kanten waren schief gesägt worden – und nicht nur die. Handtuch- und Toilettenpapierhalter sowie der Duschkopf zeigten alle eine merkwürdige Schieflage auf. Ich blickte erstaunt hin und fragte mich, ob ich als Deutscher der Einzige sei, der hier irgendwie einen Knick in der Augenoptik hätte.
Wie alles noch schlimmer wurde
Der Gashahn zum Wasserboiler war zwar vorhanden, konnte aber nicht gedreht werden, weil Leitungen oben und unten ihn behinderten. Ich konnte es kaum fassen. Welcher Autohersteller würde schon einen Wagen ohne Lenkrad abliefern? Zu allem Überfluss war die Dusche undicht, Wasser trat bei den Fugen aus. Kein Problem, sagte unser Wunderhandwerker und füllte Silikon nach. Aber das Wasser sickerte weiter durch.
Noch einmal kam unser lieber Freund und «regelte» die Sache mit dem Gashahn. Mir war klar, dass wir längst zu einem seiner «Notfälle» geworden waren. Ende gut, alles gut? Mitnichten. Tage später roch es nach Gas im Haus. Wir riefen Metrogas an, die diagnostizierten ein großes Loch in der Leitung und stellten uns das Gas komplett ab. Nun musste ein Klempner mit Zertifikat her, der die Wand aufschlug und dort die Leckage flickte – ein Loch, das durch rabiate Gewalteinwirkung bei der Gashahn-«Reparatur» entstanden war.
Die Wand wurde von einem dritten Handwerker wieder verputzt, denn unseren «maestro chasquilla» wollten wir natürlich nicht mehr ins Haus lassen. Auch das Leck in der Dusche werde ich nun selbst ausbessern. Beim Abhängen des Badezimmerschrankes entdeckten wir übrigens, dass sie den Spiegel an einem umgebogenen Nagel anstatt Schrauben aufgehängt hatten. Hätte Noah seine Arche mit so viel Murks und Schluderei gebaut, wäre die gesamte Menschheit längst in der Sintflut abgesoffen.
Apropos Untergang: Beim Gedanken daran, was passiert wäre, hätte es während des fröhlichen Duschens einen Funkenschlag gegeben, wurden wir derart wütend, dass wir uns beim Handwerker beschwerten. Doch das ganze Hickhack nützte natürlich nichts. Er stritt alles ab – und meinte zum Schluss ganz entrüstet: Was wollen Sie eigentlich? Sie haben doch ein schönes Bad!
Herzlichst Ihr
Arne Dettmann