Alarm! Und los geht´s!
15. Deutsche Feuerwehrkompanie «Máximo Humbser» lautet der Name – aber längst nicht immer rücken ihre 124 aktiven Mitglieder nur zum Feuerlöschen aus.
Von Arne Dettmann
Santiago de Chile ist eine große Stadt mit vielen Autos und viel Verkehr. Entsprechend häufig kracht´s. Rund die Hälfte aller Einsätze der 15. Feuerwehrkompanie sind daher Unfälle, wobei wiederum 80 Prozent davon verletzte und eingeschlossene Personen beinhalten. Erste Hilfe sowie schweres Schneidgerät, um eingeklemmte Personen zu befreien, sind in diesen Fällen gefragt, erläutert Hauptmann Pablo Delannoy. Die andere Hälfte der Einsätze erfordert das traditionelle Löschhandwerk mit dem Wasserschlauch, angefangen von einem simplen Mülleimerbrand bis zu einem gefährlichen Großfeuer.
Und so funktioniert´s: In der Feuerwehrleitstelle in Santiago Zentrum – Telefon 132 – geht ein Notruf ein. Der Dachverband Cuerpo de Bomberos de Santiago ist in acht Gemeinden aufgeteilt, in denen 22 Feuerwachen liegen, unter ihnen beispielsweise die 4. Pompe France, die 10. Bomba España sowie die 11. Pompa Italia und die 14. The British and Commonwealth Fire & Rescue Company. Eine von ihnen erhält nun den Befehl zum Ausrücken. Die 15. Máximo Humbser ist zwar hauptsächlich für Las Condes, Vitacura, Lo Barnechea sowie Providencia zuständig, hilft aber üblicherweise auch den Gemeinden La Reina, Ñuñoa und Peñalolén.
«Wir sind aber auch schon weiter weg im Einsatz gewesen», berichtet Pablo Delannoy. Mit dem großen Bergungs- und Rettungswagen RX-15 ging es 2007 nach Valparaíso, wo eine verheerende Explosion stattgefunden hatte. Auch bei einem starken Waldbrand im April 2014 wurde die «15.» in die Hafenstadt zur Hilfe gerufen.
950 Einsätze pro Jahr
Über einen tragbaren Funkmelde-Empfänger, die die Feuerwehrmänner immer bei sich tragen und Pieper nennen, wird der Alarm ausgelöst. Nun heißt es möglichst schnell zur Wache in der Avenida Apoquindo zu gelangen und die Fahrzeuge zu besetzen. Ein Löschfahrzeug, eine Drehleiter sowie ein Rettungs- beziehungsweise technischer Hilfswagen stehen ständig in der Halle für einen Hilfseinsatz bereit. Erfolgt ein Notruf irgendwann zwischen spät abends und früh morgens, springt die 16-köpfige Nachtwache ein, die sich im Gebäude befindet.
Im Durchschnitt kommen die Feuerwehrmänner der 15. Kompanie auf jährlich 950 Einsätze, also praktisch drei Einsätzen pro Tag. Das ist relativ viel, meint Pablo Delannoy – und es ist nicht immer leicht. Denn wie eingangs erwähnt ersticken Santiagos Straßen oft im Stau, ein schnelles Durchkommen zum Einsatzort wird für die Floriansjünger zur Stressprobe. «In Deutschland respektieren die Leute viel mehr die Feuerwehr. Hier in Chile ist das nicht ganz so einfach. An Kreuzungen müssen wir uns oftmals mühsam durchkämpfen.
Instandhaltung und Pflege der Ausrüstung
Nach einem Einsatz können die Feuerwehrmänner allerdings noch nicht entspannen und ihre Schutzanzüge an den Nagel hängen. Die Wagen müssen gewaschen, die Sauerstoffflaschen der Pressluftatmer aufgefüllt und das Verbandszeug erneuert werden. Auch die Uniformen werden einer chemischen Reinigung unterzogen, denn heute werden bei Bränden viel mehr giftige Stoffe freigesetzt als noch vor 60 Jahren – eine Folge der massenweise Verwendung von Kunststoffen in den Gebäuden.
Und manchmal bedürfen nicht nur das Rettungsmaterial, sondern auch die Männer selbst einer Betreuung. «Schwere Verkehrsunfälle mit Toten – das ist nicht immer leicht zu verdauen», erklärt Pablo Delannoy. In einer Gruppensitzung werden solche schlimmen Erfahrungen besprochen, notfalls auch mit psychologischer Hilfe. «Jeder von uns hat seine eigenen Grenzen. Wir sprechen vorher ab, wer solche Einsätze fährt und wer nicht.»
Doch einer ist immer mit dabei, wenn es darum geht, anderen Menschen zu helfen. «Gott mit uns» lautet der offizielle Wahlspruch der 15. Deutschen Feuerwehrkompanie.
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Wer will Feuerwehrmann werden?
Wer Interesse hat, bei der 15. Deutschen Feuerwehrkompanie als Freiwilliger einzusteigen, kann sich ab dem 18. Lebensjahr für einen Anfängerkursus (curso aspirante) bewerben. Dieser interne Lehrgang dauert in der Regel sechs bis acht Monate, in der Regel von März bis Oktober. Ein Lehrgangsleiter (jefe curso) sowie fünf Ausbilder (instructores) bringen den Anwärtern die Grundkenntnisse in puncto Retten, Schützen und Bergen bei.
Im Anschluss erfolgt ein Grundlehrgang beim Cuerpo de Bomberos de Santiago sowie ein Kurs samt Prüfung bei der Academia Nacional de Bomberos. Im Schnitt dauert die gesamte Ausbildung zwei bis zweieinhalb Jahre.
So wie in Deutschland bezieht auch die 15. Deutsche Feuerwehrkompanie einen Teil ihrer Rekruten aus der Jugendfeuerwehr. Die Jugendgruppe beläuft sich derzeit auf acht jugendliche Mitglieder, die zwar ausgebildet werden, aber natürlich noch an keinen echten Einsätzen teilnehmen dürfen.
«Wir wollen zukünftig stärker an die Deutsche Schule, die Thomas-Morus-Schule und den Club Manquehue herantreten, um dort für neue Mitglieder zu werben», erklärt Feuerwehr-Hauptmann Pablo Delannoy. «Die deutschen Traditionen und die deutsche Sprache zu fördern ist uns wichtig.» [/box]