Verjüngungskur angesagt – nicht nur im Vorstand
Die Deutsche Schule Los Ángeles war der Austragungsort der diesjährigen Jahreshauptversammlung des DCB. Vom 12. bis zum 14. Oktober reisten Delegationen aus den verschiedenen Teilen des Landes in die 8. Region, um am gewohnten Gedankenaustausch unter Gleichgesinnten teilzunehmen. Dazu kamen ein Konzertabend und ein Ausflug in die Voranden.
Von Walter Krumbach
Die gut besuchte Hauptversammlung am Vormittag des 13. Oktober wurde vom Vorsitzenden René Focke eingeleitet, der die Bedeutsamkeit der DCB-Tätigkeit in den Regionen hervorhob. Hierbei seien die Kulturarbeit, die Traditionspflege und die Jugendarbeit ausschlaggebend.
Vier neue Vorstandsmitglieder hat der Deutsch-Chilenische Bund. Einer der wesentlichen Punkte auf der Tagesordnung der diesjährigen Hauptversammlung war die Neubesetzung dieser Stellen. Fünf Kandidaten stellten sich zur Wahl, als Sieger gingen Sergio Stange, Laura Doffing, Klaus Brien und Michael Wagner hervor.
Berichte
Geschäftsführer Christian Kroneberg gab schließlich seinen Bericht ab. Er verwies auf die Zusammensetzung der Mitglieder und die Änderungen, die es in letzter Zeit auf diesem Gebiet gegeben hat. Dabei wies er auf die Tatsache hin, dass um die 50 Prozent unter ihnen das 70. Lebensjahr überschritten haben. «Wir bemühen uns, diese Situation umzuwandeln», versicherte er. Eine besonders positive Bilanz konnte er im Bereich der Kulturarbeit ziehen. Im letzten Jahr stellte der DCB drei Bücher vor, neun Experten hielten Vorträge, sechs Frühschoppen erfrischten Jung und Alt, sechs Gemäldeausstellungen wurden eingeweiht und 38 Konzerte gingen über die Bühne.
Der ausscheidende Kassenwart Ricardo Steffens verwies in seinem Bericht auf die deutliche Senkung der DCB-Verschuldung. Seit 2013 bis zur Gegenwart verringerte sie sich um über 50 Prozent auf etwa 30 Millionen Peso.
Emil-Held-Archiv
Ricardo Binder, Vorsitzender des Emil-Held-Archivs, erläuterte die derzeitige Haupttätigkeit dieser Abteilung. Binder machte auf das große Digitalisierungsprojekt aufmerksam, welches zurzeit durchgeführt wird. Dieses kommt besonders der Zeitungsbibliothek zugute: 95 Prozent der «Deutschen Zeitung für Chile» ist bereits elektronisch gespeichert worden, bei unserem Cóndor sind es bis zum Jahr 2000 gar 100 Prozent.
Der Schulleiter der DS Los Ángeles Uwe Schotte erstellte in seiner Ansprache einen historischen Rückblick der Präsenz und dem Wirken der Deutschen in der Region seit der Einwanderungszeit bis zur Gegenwart. Anschließend beschrieb er die Tätigkeit der verschiedenen deutsch-chilenischen Einrichtungen, die gegenwärtig in der Stadt Los Ángeles aktiv sind.
Wilfred Riegel hielt anschließend einen Vortrag über Waldanbau. Dabei brach er für den nachhaltigen Wald eine Lanze und warnte vor den negativen Folgen, die die Anpflanzungen einer einzigen Art haben, welche sich im Inland bei bestimmten Forstbetrieben großer Beliebtheit erfreuen.
Cóndor-Zeitung
Der Herausgeber des Cóndor Ralph Delaval zeigte sich in seinem Bericht mit Gönnern und Sponsoren erkenntlich, die einen nicht unwesentlichen Beitrag leisten, um die Zeitung erhalten zu können. Sodann beschrieb er ein Treffen, bei dem mit Experten aus der Medienwelt und der Wirtschaft die Möglichkeit diskutiert wurde, sich der zeitgemäßen Berichterstattung anzugleichen. Er hob hervor, dass der Cóndor nunmehr vollkommen in Farbe und einer modernen graphischen Gestaltung erscheint. Delaval erinnerte an das vor wenigen Monaten gefeierte 80. Jubiläum der Zeitung, zu dem fast 200 geladene Gäste erschienen und die dienstältesten Mitarbeiter geehrt wurden.
Vorträge
Der Terrorismusexperte Mauricio Heise nahm zu der «ethno-nationalistischen Gewaltanwendung in der Araucanía», wie er das Phänomen definierte, Stellung. Er hielt Rückschau auf den Ursprung des Problems, das sich während der Besetzung ab 1861 entwickelte. Heises Vortrag fiel aufgrund der sachlichen Herangehensweise positiv auf, die ihm ermöglichte, das Verhalten aller involvierten Parteien unvoreingenommen zu schildern und verständlich zu machen.
Der DCB-Ortsvertreter in Los Ángeles Gerardo Hüne, der als alteingesessener Landwirt die Gegend bestens kennt, hielt über die Provinz Biobío einen Vortrag. Die Zuhörer informierten sich über das geographische Profil der Gegend, erhielten wissenswerte Information über Bevölkerung, Landwirtschaft und sogar die aktuellen Regenfälle in den verschiedenen Ortschaften.
Die Vortragsreihe schloss Verónica Tapia mit einem Bericht über die Deutschland-Tournee, die vier Kinder der Albert-Schweitzer-Schule aus Puente Alto unternahmen. Das Projekt konnte mit der Unterstützung des DCBs und freundlichen Spendern verwirklicht werden. Verónica Tapia organisierte die Reise, betreute die Kinder und fungierte als Übersetzerin.
Medaillenvergabe
Am Abend des gleichen Tages lud der DCB zur Preisverleihung ein. Drei Persönlichkeiten der deutsch-chilenischen Gemeinschaft wurden geehrt: Conrado Venthur, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Schule Los Ángeles, erhielt die Carl-Anwandter-Medaille. Die Musiklehrerin der DS Santiago und vielseitige Chorleiterin Marion Schmidt-Hebbel empfing die Artur-Junge-Medaille. Die Speerwerferin, Tennisspielerin und Dressurreiterin Marlene Ahrens, die zur Olympiade 1956 im Speerwurf die Silbermedaille erhielt, nahm den Vicente-Pérez-Rosales-Orden entgegen. Bedauerlicherweise konnte sie aus gesundheitlichen Gründen nicht zugegen sein, weshalb ihre Tochter Karin Ebensperger die Ehrung empfing.
Konzert in der Kirche
Nach der Preisverleihung begaben sich die Gäste in die Evangelische Kirche, um einem Konzert beizuwohnen. Zu Beginn sang der Chor Gustavo Wyneken, geleitet von Jacqueline Rocha, Kompositionen von Andrew Lloyd Webber, Rolando Alarcón und das Volkslied «Zogen einst fünf wilde Schwäne». Anschließend trat das Duo Monheh auf. Ernesto Martínez, Geige, und Rosa Vergara, Klavier, spielten hochvirtuose Stücke aus dem 19. und dem 20. Jahrhundert. Zum Ausklang des Abends lud der DCB zu einem üppigen Empfang ein.
Ausflug zum Alto Biobío
Für den 14. Oktober stand ein Ausflug zum Alto Biobío auf dem Programm. Bei blendendem Frühlingswetter fuhr eine Karawane der Versammlungsteilnehmer in Richtung Osten, um in den Voranden an einem Trekking durch ein Pehuenche-Gebiet teilzunehmen. Unter sachkundiger Leitung eines ortsansässigen Führers arbeitete sich die Gruppe durch ein steil ansteigendes, schroffes Gelände empor. Ziel war ein von Naturwald umgebener Wasserfall, dessen einmaliger Anblick die Strapaze alsbald vergessen ließ.
Nach diesem seltenen Erlebnis in unberührter Natur begab die Gesellschaft sich in ein nahe gelegenes Restaurant, wo jeder Teilnehmer die Gelegenheit wahrnehmen konnte, sich mit auserwählten Speisen der Region – Truthahn-Cazuela, Fisch und Wildschwein – zu stärken. Ein wahrhaft auserlesener Abschluss der Jahrestagung, den die Beteiligten mit Sicherheit nicht vergessen werden.