«Chile bietet für deutsche Unternehmen vielversprechende Möglichkeiten»
Auf dem 69. Lateinamerika-Tag 2018 am 11. und 12. Oktober in Hamburg werden Experten über Handelsbündnisse und die wirtschaftlichen Beziehungen zu Lateinamerika diskutieren. Die Organisatoren – der Lateinamerika Verein und die Handelskammer Hamburg – haben den chilenischen Staatspräsidenten Sebastián Piñera als Ehrengast eingeladen. Mit dem Geschäftsführer des Lateinamerika Vereins, Christoph Schmitt, führte Cóndor-Chefredakteur Arne Dettmann ein Interview.
Herr Schmitt, die schwere Krise in Venezuela, Drogenkrieg in Mexiko, das gebeutelte Argentinien mit einer IWF-Finanzspritze von 50 Milliarden Dollar und politische Turbulenzen bei den Wahlen im wirtschaftlich schwächelnden Brasilien – würden Sie derzeit einem deutschen Unternehmer empfehlen, Geschäfte in Lateinamerika zu machen?
Christoph Schmitt: Wir betrachten Venezuela als einen isolierten Problemfall, der keinesfalls ein schlechtes Licht auf die gesamte Region werfen sollte. Denn trotz der augenblicklichen Schwierigkeiten bietet Lateinamerika hervorragende Chancen für Handel und Investitionen. Kolumbien ist in den Bereichen Agroindustrie, Logistik und Maschinenbau interessant, Bergbauzulieferer können in Chile, Peru sowie Kolumbien gute Geschäfte machen, teilweise auch auf dem bolivianischen Markt. Zentralamerika ist zwar klein, aber ebenfalls attraktiv für Wirtschaftstätigkeiten. Und Brasilien stellt allein aufgrund seiner Größe und seines riesigen Binnenmarktes immer einen wichtigen Handelspartner dar.
Der von Ihnen erwähnte Drogenkrieg in Mexiko ist zwar eine Behinderung und Einschränkung der Sicherheitslage. Doch Lateinamerika ist im weltweiten Handel einfach ein viel zu bedeutender Global Player, um die Region deswegen auszuklammern. Stellen Sie sich einmal eine Welt ohne Kupfer vor! Auch Soja, Fleisch, Fisch sowie Gemüse und Früchte kommen massenweise aus dieser Region, die nun auch für Investitionen in erneuerbare Energien höchst interessant geworden ist.
Hauptthema des Lateinamerika-Tages sind regionale Handelsbündnisse. Doch welche Bedeutung haben Sie überhaupt? Wer Wirtschaftsallianzen in Europa sucht, spricht die EU an – und in Lateinamerika?
Die Pazifik-Allianz beziehungsweise Alianza del Pacífico mit ihren Mitgliedern Chile, Peru, Kolumbien und Mexiko ist eine lateinamerikanische Freihandelszone, die auch der deutschen Wirtschaft einen attraktiven Markt eröffnet. Die Asiatisch-Pazifische Wirtschaftsgemeinschaft Apec bietet zudem eine Plattform, um von dort auch nach Ostasien zu exportieren. Für Investitionen und der Vermarktung von Produkten sind beide Allianzen voll von Interesse für Deutschland.
Schwieriger sieht die Lage beim Mercosur aus, der aufgrund seiner protektionistischen Maßnahmen eine freie Entwicklung des Warenverkehrs behindert. Ein Vertrag der Europäischen Union mit dem Mercosur steht allerdings kurz vor dem Abschluss. Der Pakt soll zukünftig Handelshemmnisse in der Agroindustrie abbauen und Markenschutz gewährleisten. Solche Probleme sind nur politisch lösbar. Dazu muss der Wille da sein und ein gewisser Druck, um zu einem Kompromiss zu gelangen.
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El Día de América Latina 2018 en Hamburgo
Bajo el patrocinio del Primer Alcalde de la Ciudad Libre y Hanseática de Hamburgo, Dr. Peter Tschentscher, la Asociación Empresarial para América Latina (LAV) y la Cámara del Comercio de Hamburgo organizan el 69º Día de América Latina durante los días 11 y 12 de octubre 2018.
¿Qué importancia tienen las alianzas regionales y multilaterales de comercio de los países latinoamericanos en el comercio global? ¿Cómo han cambiado las relaciones de estas alianzas de comercio en relación a las economías de Europa, Asia y América del Norte? Estas y otras preguntas serán discutidas por expertos internacionales y especialistas del sector durante el primer día de la conferencia. El día siguiente se dedica a las relaciones económicas entre Chile y Alemania y a las perspectivas de una cooperación más intensa.
El invitado de honor en la cena de gala del día 11 de octubre será Sebastián Piñera, Presidente de la República de Chile.
La Asociación Empresarial para América Latina (LAV) constituye la red empresarial y la plataforma informativa para el sector económico alemán con intereses en América Latina.[/box]
Der zweite Konferenz-Tag ist Chile gewidmet. Welche Rolle spielt das kleine Land hinter den Anden im lateinamerikanischen Kontext und in Bezug auf Deutschland?
An Hand der Tatsache, dass wir gleich drei Foren zu den deutsch-chilenischen Wirtschaftsbeziehungen auf dem Lateinamerika Tag organisiert haben, können Sie ersehen, wie groß das Interesse an Chile ist.
Ein Panel beschäftigt sich mit der Nachhaltigkeit in der Agroindustrie, ein Sektor, in dem Chile Vorreiter in der Region darstellt. Wir wollen außerdem erörtern, wie zwischen kleinen- und mittelständischen Unternehmen die Geschäftsbeziehungen weiter ausgebaut werden können. Hierbei bietet Chile für deutsche Unternehmen vielversprechende Möglichkeiten, weil das Land gute und sichere Rahmenbedingungen aufweist.
Ein weiteres Panel thematisiert das Venture Capital, also das Geld, das für innovative Ideen bereitgestellt wird. Chile ist mit seinem guten ausgebildeten Beschäftigten auf jeden Fall dabei interessant, zum Beispiel für IT-Lösungen. Neben den bereits erwähnten guten Rahmenbedingungen weist Chile außerdem einen vorzüglichen Geschäftsklimaindex auf, der eine große Anziehungskraft auf die Marktakteure ausübt.
Herr Schmitt, wir bedanken uns für das Gespräch.
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Der Lateinamerika Verein (LAV)
wurde 1916 von Hamburger und Bremer Kaufleuten gegründet und unterstützt heute branchenübergreifend und bundesweit deutsche Unternehmen beim Aufbau und Weiterentwicklung von Geschäftsbeziehungen in dieser Region. Der LAV hat seinen Sitz in Hamburg und zählt derzeit über 400 Mitglieder. Einmal jährlich findet der Lateinameria Tag statt. Auf der Wirtschaftskonferenz tauschen die Teilnehmer ihre Erfahrungen und Informationen über die wirtschaftliche und politische Situation Lateinamerikas aus. Zu diesem Anlass wird der Präsident eines lateinamerikanischen Landes als Ehrengast eingeladen. Aus Chile nahm Michelle Bachelet 2006 sowie 2014 teil. www.lateinamerikaverein.de[/box]
EU und Chile erneuern Handelsabkommen
Die Europäische Kommission hat Anfang des Jahres in Santiago de Chile Vorschläge zu einem modernisierten Handelsabkommen zwischen der EU und Chile veröffentlicht. Dabei ging es um die Erleichterung der Zollauflagen, den Handel mit Dienstleistungen, Investmentpolitik, Ursprungskennzeichnung sowie Wettbewerb und geistiges Eigentum. Die EU hat mit Chile 2002 ein Assoziierungsabkommen abgeschlossen, das auch ein Handelsabkommen miteinschließt. Dieses trat 2003 in Kraft und soll nun modernisiert werden.
Die EU macht für Chile 14 Prozent des gesamten Handels aus und ist damit nach China und den USA der drittwichtigste Handelspartner. Kupfer, Wein, Lachs und Avocado (Palta) gehören zu den bedeutendsten Exportgütern nach Europa. Umgekehrt kauft Chile aus Europa vor allem Fahrzeuge, Maschinen, Elektronik und Chemieprodukte. Innerhalb der EU ist Deutschland der wichtigste Handelspartner für Chile.