Die Fiestas Patrias 2018 stehen dieses Jahr unter einem besonderem Licht. Im Februar 1818 musste sich die junge Republik Chile ein letztes Mal den spanischen und königstreuen (realistas) Truppen erwehren.
Von Peter Downes
Historiker
Am 12. Februar 1818 rief der erwählte Höchste Direktor (director supremo) der Nation, Bernardo O´Higgins – dem Jahrestag der Schlacht von Chacabuco (1817) – die Unabhängigkeit Chiles aus. Es war aber dann die Schlacht von Maipú am 5. April, die den entscheidenden Sieg für die republikanischen Truppen brachte und damit die Unabhängigkeit Chiles besiegelten.
O´Higgins erklärte in der Acta de la Independencia de Chile die Freiheit des Territoriums und der Inseln von Chile. Das Neue Vaterland (Nueva Patria) sollte fortan ein souveräner Staat sein. Im ersten Artikel der Verfassung von 1818 wird den Chilenen Grundrechte zugesprochen, so die individuelle Sicherheit, deren Bewahrung der Ehre, Schutz des Besitzes, die Freiheit und die bürgerliche Gleichheit. Diese Grundrechte werden dann in den folgenden 16 Artikeln weiter ausgeführt.
Das Jahr 1818 stellt damit die eigentliche vollzogene Unabhängigkeit Chiles dar und damit den Beginn einer neuen Ära.
Feiern zum Bicentenario – Gedenken an Chiles erste Junta am 18. September 1810
Auch wenn bereits 2010 die zweihundertjährige Unabhängigkeit (das Bicentinario) gefeiert wurde, indem sie an die Versammlung von 400 prominenten Bürgern Chiles und der Bildung der ersten Junta am 18. September 1810 erinnerte, so war die Unabhängigkeit Chiles keineswegs vollzogen, denn die Jahre bis 1818 waren von den Unabhängigkeitskriegen bestimmt. Und zeitweilig sah es aus, als würde Spanien die Herrschaft zurückerlangen. Es war jedoch die Schlacht am 5. April 1818, die tatsächlich die Unabhängigkeit konsolidierte. Lediglich die Insel Chiloé blieb noch bis 1826 in spanischer Hand.
Die Verfassung von 1818 betont die Freiheit der Bürger, deren Gleichheit und das Recht auf Eigentum. Die Grundrechte sind der Kern der neuen Republik, obgleich die Gesellschaft nicht allen dieselben Voraussetzungen bot, denn aristokratische Familien dominierten weiterhin die Politik und das wirtschaftlichen Leben. Die Masse der Bevölkerung lebte eher in ärmlichen Verhältnissen. Diese Ungleichheit und Abhängigkeiten großer Schichten der chilenischen Bevölkerungen prägen bis heute noch weitgehend die Gesellschaft Chiles.
Und heute?
Daher eine aktuelle Frage: Wäre es nicht republikanischer – im Sinne des ersten Artikels der Verfassung von 1818 –, wenn sich die Politiker Chiles weniger um ihre ideologischen Prinzipien stritten, seien sie neoliberal, kommunistisch oder sozialistisch und so weiter und sich stattdessen fürs Gemeinwohl einsetzten und die Bedingungen für Gleichheit, Freiheit und soziale Sicherheit der gesamten Bevölkerung schaffen würden? Statt zu spalten, sollte die Einheit gefördert werden. Es geht letztlich darum, allen Chilenen ein würdiges Leben in ihrer Patria zu ermöglichen und zu garantieren. Besonders sollte man an die Kinder denken, die in Heimen untergebracht wurden, sowie an die älteren Mitbürger, die vereinsamt oder in ärmlichen Verhältnissen leben und an die vielen Chilenen, die mit einem Mindestlohn auskommen müssen.
Der republikanische Geist von 1818 ist natürlich ein Grund zu Feiern. Aber er könnte auch inspirierend sein, so dass diese Fiestas Patrias zur Erinnerung der Anfänge der Republik Chiles einladen mögen.