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James Cook und die faszinierende Geschichte des Vitamins C

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Mit Sauerkraut und Zitronen gegen die Krankheit Skorbut

Nicht nur Entdecker neuer Welten: Der englische Seefahrer James Cook (1728-1779) machte sich auch mit seiner Pionierarbeit zur Verhinderung von Skorbut einen Namen.
Nicht nur Entdecker neuer Welten: Der englische Seefahrer James Cook (1728-1779) machte sich auch mit seiner Pionierarbeit zur Verhinderung von Skorbut einen Namen.

Als James Cook vor 250 Jahren zu seiner ersten Weltreise aufbrach, war Skorbut eine Geißel der Seefahrt. Viele Menschen starben daran. Ein Schutz wurde erst später gefunden. Und dann eroberte Vitamin C die Welt.

 

Berlin (dpa) – Ob als Serum, als Tablette oder als Kiloware, das Geschäft mit Vitamin C oder Ascorbinsäure brummt. Käufer versprechen sich eine Extraportion Gesundheit, wie es die Werbung plakatiert. Experten sehen das kritisch. Die Geschichte des angeblichen Wundermittels ist lang und faszinierend. Sie beginnt mit dem englischen Seefahrer James Cook (1728-1779) und der Krankheit Skorbut.

Eigentlich ist Vitamin C ein Naturprodukt, enthalten etwa in Zitronen, Kiwis, Paprika und Brokkoli. Chemisch umfasst sie L-Ascorbinsäure und deren Ableitungen mit ähnlicher biologischer Wirkung. Die Säure ist an vielen Stoffwechselprozessen beteiligt. Sie schützt etwa Körperzellen, indem sie Sauerstoffradikale abfängt. Sie hilft auch, pflanzliches Eisen bei der Verdauung besser zu verwerten.

Doch zurück zum Entdecker Cook – einem Großen der Seefahrtgeschichte. Am 26. August 1768, also vor 250 Jahren, startete er mit der «Endeavour» zu seiner ersten Weltumseglung und kehrte nach erfolgreicher Mission 1771 wieder zurück. Zwei weitere Reisen folgten 1772 und 1776.

Die Reise des Kapitäns sollte auch einen Schutz gegen den von Seefahrern gefürchteten Skorbut finden. Denn damals litten Schiffsbesatzungen auf monatelangen Reisen unter Muskelschwund, Zahnfleischfäule, Gelenkentzündungen und Bindegewebsschwäche. Viele Menschen starben an Herzmuskelschwäche. Dass ihnen das lebenswichtige Vitamin C fehlte, war zu jener Zeit unbekannt.

Skorbut war zu Cooks Zeit ein großes Thema. «Das war eine allgemeine Diskussion in der Admiralität», sagt Ulrich Tröhler, emeritierter Professor für Medizingeschichte der Universität Bern. Die Krankheit war bis Ende des 18. Jahrhunderts die häufigste Todesursache auf See.

Der schottische Arzt James Lind hatte 1747 in einer Testreihe eine effektive Behandlung mit Zitronensaft gefunden, diese aber nach Ansicht Tröhlers nicht hartnäckig propagiert. In seinen Abhandlungen über Skorbut von 1753 und 1772 fasste Lind zwar Ratschläge aus 100 Jahren Skorbut-Diskussion zusammen. Eine Lösung des Problems bot er aber letztlich nicht an.

Was hilft gegen Skorbut? Der britische Schiffsarzt James Lind wies 1754 nach, dass Zitrus- und Limettenfrüchte die Vitamin-C-Mangelerkrankung bekämpfen. Daher auch der Spitzname «Limey» für Angehörige der Royal Navy. Auf norddeutschen Handelsschiffen griffen die Matrosen zu Sauerkraut – es folgte die stereotypisierende Bezeichnung «Krauts».

Als Cook in See stach, nahm er im Auftrag der Admiralität unterschiedliche Lebensmittel mit, um an Bord ihre Wirkung gegen Skorbut zu testen. Darunter waren Sauerkraut, eingekochter Zitronen- und Orangensaft sowie Bier-Vorstufen wie Malzextrakt und Stammwürze. Cook und sein Schiffsarzt William Perry priesen danach Malzextrakt als bestes Skorbutmittel. Erst Ende des 18. Jahrhunderts klärten die Schiffsärzte Robert Robertson und Gilbert Blane auf, was wirklich half: frischer Zitronensaft. Ab 1795 waren Zitrusfrüchte Pflicht an Bord.

 

Die Entdeckung der Ascorbinsäure als Mittel gegen Skorbut

Noch mehr als 100 Jahre dauerte es dann, bis im Zuge der aufkommenden Vitaminforschung der entscheidende Wirkstoff bekannt wurde. Der Ungar Albert Szent-Györgyi beschrieb 1933 als Erster mit seinem britischen Kollegen Norman Haworth die anti-skorbutische Wirkung von Ascorbinsäure. Im selben Jahr gelang dem Schweizer Chemiker Tadeus Reichstein die chemische Synthese aus Traubenzucker.

Reichstein begründete auch den Siegeszug des künstlichen Vitamins. Er verkaufte sein Patent Ende 1933 an das Schweizer Pharmaunternehmen Hoffmann-La Roche. Es war der Beginn einer erfolgreichen Marketingstrategie, die Nachfrage für ein medizinisch nicht notwendiges Produkt schuf. «Am Anfang hat man medizinisch keinen Bedarf gesehen, dann wurde es zu so einem Blockbuster», erklärt Beat Bächi vom Institut für Medizingeschichte der Universität Bern. «Es ging darum, individuelle Leistung zu puschen. Krank war man schon, wenn man nicht seine volle Leistungsstärke hatte.» Der Konsum von Ascorbinsäure wurde Allgemeingut. Die frühere Angst vor Skorbut wich nun der Hoffnung auf ein besseres Leben.

Ascorbinsäure gibt es heute unter dem Sammelbegriff Vitamin C in Tabletten- und Pulverform zu kaufen. Zu den wichtigsten Vitamin-C-Lieferanten zählt frisches Obst wie Beeren und Zitrusfrüchte. Auch einige Gemüsesorten wie Kohl, Paprika und Kartoffeln enthalten die organische Säure.

Inzwischen gibt es kaum ein industriell hergestelltes Lebensmittel ohne den Zusatzstoff E 300. Dahinter verbirgt sich Ascorbinsäure. Sie steckt etwa in Wurst, Brot, Joghurts und sogar in Sauerkraut. Als Oxidationshemmer soll sie die Haltbarkeit verlängern und die Farbe erhalten. Auch damit angereicherte Nahrungsmittel sind auf dem Markt. Vitamin C aus der Retorte ist aus dem Alltag kaum noch wegzudenken.

Vitaminpräparate boomen bis heute. Viele Experten halten die Einnahme jedoch für sinnlos. Sie plädieren für eine Ernährung mit wenig Fleisch, aber viel Obst und Gemüse. Wasserlösliches Vitamin C wird ohnehin schnell wieder ausgeschieden. Der Körper nimmt nur so viel auf, wie er braucht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung sieht als ausreichende Tagesmenge 110 Milligramm bei Männern und 95 bei Frauen. Dafür reicht etwa eine halbe rote Paprika oder eine Apfelsine.

Seit Cooks Suche vor 250 Jahren nach dem anti-skorbutischen Stoff hat sich viel getan. Bekannt ist nun, dass schon 10 Milligramm Vitamin C pro Tag Skorbut verhindern können. Wie der Stoff aber im Körper genau wirkt, haben Forscher noch nicht endgültig entschlüsselt. Die Entdeckungsreise geht weiter.

 

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