Liebe Cóndor-Leser,
glaubte man den Wettervorhersagen, dann hätte in der Nacht zu Montag vergangener Woche ein antarktischer Schneesturm über Santiago de Chile hinwegziehen müssen, wie ihn nur Scott und Amundsen vielleicht erlebt haben. Doch seien wir ehrlich: So schlimm war es nun wirklich nicht.
Immerhin gab´s genügend Gesprächsstoff. Die LUN-Zeitung erklärte, was Graupel ist, ein deutsches Wort, das verklumpte Minischneebälle bezeichnet, die viel kleiner und weicher sind als Hagel. Und die Kinder, denen man vorsichtshalber schulfrei gegeben hatte, guckten am Morgen sehnsüchtig nach dem gefallenen Schnee, der angekündigt worden war. Die Enttäuschung war so groß wie die Temperaturen tief. Schneemänner bauen im eigenen Garten? Das war wohl nix. Alles nur ein Fehlalarm.
Seltsamerweise ist es in Deutschland umgekehrt. Bei Schnee, Eis und Regen kämpften wir uns irgendwie zum Unterricht durch. Keine Schulleitung oder Behörde kam auf die Idee, «schneefrei» zu geben. Allerdings bekamen wir «hitzefrei», wenn das Thermometer in Norddeutschland mal ausnahmsweise lauwarm wurde – für chilenische Verhältnisse im sommerlichen Santiago geradezu ein Witz.
Daher nun meine logische Schlussfolgerung: Wäre es nicht angebrachter, «hitzefrei» in Chile zu geben und in Deutschland «kältefrei» einzuführen?
Deutscher Torwart bei Barnechea
Einige chilenische Medien berichteten bereits über ihn: «Qué hace un alemán jugando en la B en Chile? La historia del portero germano que llegó a Barnechea», schrieb der Mercurio im März. Die Rede ist von Robert Moewes, der seit Anfang des Jahres als Torwart beim A.C. Barnechea in Santiago de Chile spielt. Wie es dazu kam?
Seit seiner Kindheit spielt der gebürtige Dortmunder Fußball. Sein Weg führte ihn dabei über Borussia Dortmund und Schalke 04 bis hin in die USA, wo er an der renommierten Duke University nicht nur einen Master of Management absolvierte, sondern sich auch in die höchste Fußball Uni-Liga nach oben spielte. Über einen Chilenen, den das Talent des 25-Jährigen beeindruckte, kam er nun hierher.
«In Chile bleibt der Ball mehr auf dem Boden und fliegt nicht so häufig durch die Luft», erläutert Robert Moewes einen Unterschied zum europäischen Fußball. «Die Deutschen sind technisch und taktisch sehr diszipliniert.» Deshalb ist die deutsche Nationalmannschaft neben Frankreich und Spanien für ihn mit ein Top-Favorit für den WM-Titel.
Und Brasilien? «Die zeigen gute Qualität. Doch die Frage ist, ob sie diese Leistung auch abrufen können, wenn es darauf ankommt.» – Leistung muss Robert Moewes auch selbst zeigen: Jeden Morgen trainiert der Deutsche, am Wochenende gibt´s Spiele. Und dann geht er noch in den Club Manquehue, um sich an den Kraftgeräten fit zu halten.
Wenn alle deutschen Nationalspieler so gut drauf sind wie er, dann steht der neue und gleichzeitig alte Weltmeister schon fest – oder?
Herzlichst Ihr
Arne Dettmann