Der Mann für den Untergrund
Nach Einsätzen in Kolumbien, Deutschland, Thailand und Panama ist der Bauingenieur Michael Weinhold (54) seit zwölf Jahren in Chile ansässig. Nachdem er vorher eher für den Bau von Autobahnen und Brücken zuständig war, hat er sich hier auf den Untergrund verlegt. Er verkauft TBM. Für Nichteingeweihte: Tunnelbohrmaschinen.
Von Petra Wilken
Die Firma, für die er arbeitet, gehört zu den deutschen mittelständischen Erfolgsunternehmen, die innerhalb der letzten Jahrzehnte zum «Global Player» geworden sind. Die Herrenknecht AG, Spezialist für maschinelle Tunnelvortriebstechnik, wurde vor 40 Jahren gegründet und beschäftigt heute weltweit 5.000 Mitarbeiter an 76 Standorten. Beim Bau von Verkehrswegen durch Gebirgszüge oder Stollen für Bergwerke kommen gigantische Tunnelbohrmaschinen mit Durchmessern bis zu über 17 Metern zum Einsatz, oder sie unterqueren Metropolen und Flüsse.
Vor gut zehn Jahren entschied sich Herrenknecht, seine Präsenz im lateinamerikanischen Markt zu verstärken. Unter anderem war der Bergbau als Einsatzgebiet vielversprechend. Michael Weinhold wurde mit der Eröffnung der Niederlassung in Chile beauftragt. «Wir sahen großes Potenzial für unsere Maschinen lag in Chile, daher haben wir uns für diesen Standort entschieden.»
Bauingenieurswesen in Kolumbien
Michal Weinhold wurde in Kolumbien geboren. Seine deutschen Großeltern waren dorthin ausgewandert. Er ging in Bogotá auf die deutsche Schule und studierte danach Bauingenieurswesen in Medellín. Dort bekam er auch seine erste Anstellung. Die deutsche Firma Dywidag, die später von Strabag übernommen wurde, stellte ihn für das Projekt einer Metrolinie ein. «Die Arbeiten wurden nach einem Jahr stillgelegt, weil die Regierung kein Geld mehr schickte», erzählt er.
Für seine Karriere erwies sich dies im Nachhinein als positiv, denn Dywidag bot ihm eine Stelle im Mutterhaus in München an, und von dort aus erhielt er das Angebot, als Projektleiter einer Hochstraße von 17 Kilometern nach Bangkok zu gehen. «Es war die Mautautobahn, die den Flughafen an die Stadt anbindet», erklärt er. Die Arbeit dauerte dreieinhalb Jahre. Während dieser Zeit in Thailand heiratete er seine kolumbianische Freundin Viviana Del Chiaro. Zu lange waren sie getrennt gewesen, da sie noch ihr Studium in Kolumbien beenden wollte, als er nach Deutschland ging.
Danach folgten ein Jahr im kolumbianischen Pereira, weitere zwei Jahre in München, sechs Jahre in Panama, bevor Michael Weinhold 2005 für das große deutsche Bauunternehmen Züblin AG nach Chile kam und Leiter der Kalkulationsabteilung wurde. 2009 kam dann der Auftrag von Herrenknecht, der mit der Gründung der Niederlassung in Santiago endete, von wo aus Weinhold seitdem als Managing Director für den Bereich Bergbau in ganz Lateinamerika zuständig ist.
«Das Beste, was uns je passiert ist.»
Er und seine Frau hatten auch wichtige private Gründe, zu dem Zeitpunkt nicht wieder das Land zu wechseln: Sie hatten sich dafür entschieden, ein Kind zu adoptieren. Wenn Michael Weinhold zu diesem Kapitel seiner Lebensgeschichte kommt, beginnen seine Augen zu strahlen. Elisa ist heute neun Jahre alt. Sie war 20 Monate, als das Ehepaar sie adoptierte. «Das Beste, was uns je passiert ist», sagt er.
Was nicht heißen soll, dass er nicht auch von seiner Arbeit schwärmt. «Die Firma wurde vor 40 Jahren von Martin Herrenknecht gegründet. Heute ist er über 75 Jahre alt, noch immer leitet er das Unternehmen und ist jeden Tag dabei». Die Fabrik, in der die TBM hergestellt werden, ist in Schwanau angesiedelt, einem kleinen Ort in Süddeutschland, nahe der Grenze zu Frankreich. Dort sind 2.000 Mitarbeiter angestellt.
Setzt Herrenknecht also noch immer auf deutsche Produktion und gehört noch nicht zu denen, die Werke in China eröffnet haben? «Uns ist unsere Unabhängigkeit als Familienunternehmen sehr wichtig. Unsere Konkurrenten im Großdurchmesserbereich hingegen gehören inzwischen zu chinesischen Konzernen. China und die Region Asien-Pazifik sind wichtige Märkte für uns. Deshalb haben wir für diese Region eigene Montagekapazitäten aufgebaut. Von Deutschland aus wird der Rest der Welt beliefert, hier befinden sich auch wichtige Kernabteilungen wie zum Beispiel Design und Konstruktion», erklärt Weinhold.
Vorteil duale Berufsausbildung
Das Ingenieurskönnen ist für Weinhold das Erfolgsgeheimnis seines Arbeitgebers. «Die Produktionsentwicklung findet In-house statt.» Und er verrät noch einen Grund für den Erfolg: «Am Hauptstandort sind permanent 200 Auszubildende und Praktikanten. Die meisten machen eine duale technische Ausbildung und bleiben anschließend im Unternehmen. Auch ich hole mir immer wieder Praktikanten aus Deutschland – meist Studenten von Fachuniversitäten – und habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Viele sind heute aktiv in der Firma. Die duale Berufsbildung ist der große Vorteil der Wirtschaft in Deutschland. Ich bin der Meinung, dass es das Beste ist.»
Auch für seine Tochter Elisa will er nur das Beste. «Eventuell würden wir wegen ihr nach Deutschland gehen», sagt er. «Wir haben regelmäßig Au Pairs aus Deutschland bei uns Zuhause, die nur Deutsch mit ihr sprechen. Auch ich spreche nur Deutsch mit ihr. Elisa spricht deshalb richtig gut». Er würde seiner Tochter gerne das deutsche Bildungssystem zugutekommen lassen, von dem er ein großer Fan ist. Learning by doing und das Fördern des selbstständigen Denkens – das sind Konzepte, die er sich für seine Tochter wünschen würde.