Hundert Meilen durch die Wildnis
Der Schweizer Thomas Ernst hat Anfang April zum zweiten Mal die 100 Meilen bei Ultrafjord gewonnen, einem internationalen Trail Running in Patagonien, das seit 2015 alljährlich veranstaltet wird. 278 Läufer und Läuferinnen waren auf sechs Streckenlängen angetreten.
Von Petra Wilken
Ultra Fjord könnte auch für ultra-abenteuerlich und ultra-herausfordernd stehen. Trail Runnings, also Marathon-Läufe in der freien Natur, vornehmlich in Bergen und Wäldern, gibt es überall auf der Welt. Doch um an den Läufen, die jedes Jahr südlich des Nationalparks Torres del Paine veranstaltet werden, teilzunehmen, braucht es schon besonderen Schneid. Die Strecken führen durch die rauhe Wildnis Patagoniens, über Stock und Stein, bei Wind und Wetter. Feste Wege gibt es nicht.
Doch gerade das Messen mit der mächtigen Natur inmitten einer majestätischen Landschaft verleiht Ultra Fjord seinen besonderen Reiz. Teilnehmer kommen dazu aus zahlreichen Ländern Lateinamerikas, aus Europa und anderen Kontinenten angereist. Vom 2. Bis 7. April 2018 waren es 278 Läufer und Läuferinnen, die auf sechs verschiedenen Streckenlängen zwischen 100 Meilen und 30 Kilometern antraten.
Die meisten Läufer kamen aus Lateinamerika. Aus Europa nahmen ein Dutzend Franzosen und Spanier teil. Auch zwei Deutsche waren dabei. Und der Schweizer Ingenieur Thomas Ernst aus Winterthur, der mit 53 Jahren zum älteren Semester unter den Teilnehmern gehörte. Er hatte schon 2016 die 100 Meilen gewonnen. Und diesmal lag er wieder um Längen vorn. Er legte die Strecke in 11 Stunden und 56 Minuten zurück. Der Mexikaner Luis Urbina machte den zweiten Platz. Er kam eineinhalb Stunden später ins Ziel.
Cóndor: Welche Erfahrungen haben Sie mit Trail Runnings? Wie lange machen Sie das schon?
Thomas Ernst: Ich bin seit zehn bis zwölf Jahren Hobby-Läufer, ein ambitionierter, sagen wir mal. Trail Runnings sind sehr popuär in Europa. Es gibt viele Rennen in Frankreich, Spanien, der Schweiz, Österreich, Italien und im Süden Deutschlands. Sie führen durch die Alpen oder die Pyrenäen. Normalerweise geht es auf schmalen Wegen bergauf und bergab. Man kann im Jahr jedoch höchstens an vier bis fünf Rennen teilnehmen, wegen der Vorbereitung und der körperlichen Kondition. Ich laufe sonst eigentlich nur in der Schweiz.
Ultrafjord ist offensichtlich ein recht extremer Marathon?
Solche Schwierigkeiten wie beim Ultrafjord sind mir nicht bekannt. Normalerweise läuft man auf Wegen. Aber hier gibt es gar kein Wegenetz. Die Strecke ist sehr anspruchsvoll. Man läuft quer durch die Landschaft, über Steine und Geröll, durchquert Bäche, manchmal knietief. Das ist immer eine Überwindung. Man hat den ganzen Lauf über nasse Füsse, aber es ist einem warm, weil man sich ja bewegt. Es gibt einen Pass, auf dem man tausend Höhenmeter überwinden muss. Aber die Gegend ist wunderschön!
[box]«Hier geht es aber weglos über Stock und Stein, durchs Wasser, durch Sumpf und Sumpf-Moorgebiete, in den höher gelegenen Gebieten auch durch Schnee und dann gleich wieder durch einen Bach. Nasse Füsse sind garantiert. Es gibt auch viele umgefallene Bäume oder Zäune, welche man überklettern muss. Kurzum, der Lauf ist ein Abenteuer… Ich bin dreimal gestürzt, dabei auch einmal von einem liegenden Baustamm gefallen, was eine Dummheit von mir war, und einmal fiel ich in einen Bach».[/box]
Dazu kommen noch die klimatischen Bedingungen. Das verursacht wohl einige Probleme bei der Logistik der Rennen?
In diesem Jahr haben die Veranstalter die 100 Meilen auf ungefähr 80 Kilometer gekürzt. Das ist nicht ganz die Hälfte. Das ist, als ob man eine Pizza bestellt und nur die Hälfte geliefert bekommt. Ich habe nicht verstanden, warum sie diese Entscheidung getroffen haben. Das Wetter war gar nicht so schlecht. Es war typisches Patagonien-Wetter. Aber es hat wohl viele Läufer gegeben, die evakuiert werden mussten.
Im vergangenen Jahr war wohl auch schon eine Panne passiert?
Ich habe schon dreimal teilgenommen. 2016 habe ich die 100 Meilen gewonnen, und 2017 habe ich mich zwei Kilometer nach dem Start verlaufen. Man läuft mitten in der Nacht mit Stirnlampen und folgt Positionslichtern, die sie aufgestellt haben. Nach zwei Kilometern hätte ich nach links laufen müssen, ich bin aber einer alten Markierung gefolgt, die nach rechts führte und kam nach 16 Kilometern wieder am Start an. Die Organisation lässt zu wünschen übrig, aber ich würde gerne den zahlreichen Helfern auf der Strecke und der schweizerischen Honorarkonsulin Sandra Burgermeister meinen Dank aussprechen.
Wir danken Ihnen für das Gespräch, Herr Ernst.
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Ultrafjord 2018
1. Platz: Thomas Ernst, Schweiz
2. Platz: Luis Urbina, Mexiko
3. Platz: Malcon Cellarius, Brasilien
Der Deutsche Gerald Blumrich (Kategorie + 60 Jahre) belegte im 100-km-Lauf den 10. Platz. Sein Landsmann Guntram Scheid (Kategorie 50 – 59 Jahre) trat zusammen mit dem Schweizer Thomas Ernst zum 100-Meilen-Trail an und belegte einen Platz im Mittelfeld. [/box]