Von Ecuador, Costa Rica und Hamburg nach Valparaíso
Seit Anfang März hat Martin Gellert die Nachfolge von Dr. Hans-Joachim Czoske an der Deutschen Schule Valparaíso angetreten. Der Cóndor führte mit ihm ein Interview.
Von Arne Dettmann
Cóndor: Sie sind nicht das erste Mal an einer deutschen Auslandsschule?
Nein, es ist insgesamt das dritte Mal. In den 90er-Jahren arbeitete ich schon an der Deutschen Schule in Guayaquil in Ecuador. Das war auch eine schöne Schule, mit über 60 frei laufenden Iguanas auf dem parkähnlichen Schulgelände. Manchmal fand man diese großen, grünschwarzen Echsen dann morgens in den Klassenzimmern. Leider wollten sie dann immer schnell hinaus, so dass ich bis heute nicht weiß, wie gut sie eigentlich Deutsch als Fremdsprache gelernt hätten. Meine zweite Schule war dann die Deutsche Schule in San José in Costa Rica. Dort wird das Abitur als Abschluss angeboten, so dass doch vieles ähnlich war wie in Hamburg, nur in einer costa-ricanisch-lateinamerikanischen Version.
Kam Ihr neuer Posten als Leiter der DS Valparaíso ganz zufällig?
Nein, das war kein Zufall für mich. Schon als Jugendlicher bin ich gerne beim Betrachten von Landkarten in die Welt gereist, und schon damals fielen mir der schöne Klang und die vielversprechende Bedeutung mancher Städtenamen auf, wie zum Beispiel Montevideo, Buenos Aires oder eben Valparaíso. Von Ecuador und Costa Rica aus habe ich dann zusammen mit meiner Frau – sie stammt aus Ecuador – fast ganz Lateinamerika bereist und auch Chile schon ein wenig. Aber das Wenige machte entschieden Lust auf mehr. Als dann die Stelle ausgeschrieben war, stieß ich erst spät auf die Anzeige, tat dann aber alles dafür, mich noch bewerben zu können. Umso besser war es dann, dass es ja geklappt hat.
Erzählen Sie uns bitte ein wenig über Ihren beruflichen Werdegang. Sie stammen gebürtig aus Hamburg?
Schon wieder muss ich zuerst mit Nein antworten, das ist wirklich nicht mein Lieblingswort. Ich komme nicht gebürtig aus Hamburg, sondern bin gebürtiger Lübecker. Ich gebe zu, das ist nicht gerade weit weg. Ich ging nach dem Abitur zum Studium der Fächer Deutsch und Geschichte nach Freiburg, wechselte nach vier Semestern nach München, weil dort sehr berühmte Professoren meiner Fächer unterrichteten, die ich hören wollte, und kam dann zurück ans Meer, nach Kiel.
Und erst nach den Staatsexamina dort ging ich zum Referendariat, das ist die eigentliche Lehrerausbildung, nach Hamburg. Da wusste ich aber schon genau, dass ich nur nach Hamburg wollte. Schon während des Referendariats war dann klar, dass man 1993 mit meinen Fächern auch mit einem sehr guten Abschluss keine Stelle bekommen würde – es gab einfach keine. Die Alternative war Taxifahren oder etwas ganz anderes zu machen.
Ich entschied mich für das Andere und bewarb mich an 18 Schulen in Lateinamerika, weil ich unbedingt als Lehrer arbeiten wollte. Von dreien bekam ich ein Angebot, aber Guayaquil war das erste, deshalb sagte ich dort sofort zu. Nach dem Telefongespräch mit dem damaligen Rektor guckte ich dann erst mal im Atlas nach, wo diese Stadt überhaupt lag.
In Guayaquil habe ich dann nicht nur meine Frau kennengelernt, sondern auch begonnen, «Literatura y Comunicación» an der dortigen Universidad Católica zu studieren. Das war großartig, ich erinnere einen Gesprächskreis über «Sein und Zeit» von Heidegger auf Spanisch. Danach konnte mich das eigentliche Hauptstudium Spanisch in Deutschland nach meiner Rückkehr nicht mehr schocken. In einem Jahr hatte ich es neben der ersten Lehrtätigkeit an einer Hauptschule im Sauerland bewältigt.
Und diese Fächerkombination Deutsch, Geschichte, Spanisch war dann der Eintritt in die Verbeamtung in Hamburg. Tja, und weil ich ja schon einmal im Ausland gewesen war und meine Frau Ecuadorianerin ist, war es dann sehr einfach, nach knapp vier Jahren in Hamburg nach Costa Rica zu gelangen. Dort habe ich dann sehr viele Funktionen ausgeübt, vor allem in der Steuergruppe und in der Schulentwicklung; und darin habe ich auch nach der Rückkehr nach Hamburg an dem sehr guten und schönen Gymnasium Blankenese weiter gearbeitet. Mein Schulweg führte mit dem Fahrrad immer an der Elbe entlang, und wenn Sie da die großen Pötte immer elbabwärts fahren sehen, keimt dann doch der Wille, auch noch einmal raus zu wollen. Daraus ist nun Valpo geworden, wie schön.
Welche Herausforderungen stehen für die DS Valparaíso bevor?
Ich bin ja gerade erst angekommen und befinde mich noch in der Phase, die Schule überhaupt erst kennenzulernen, ihr Strickmuster zu verstehen. Aber sicher ist, dass wir in diesem Jahr eine große Schulinspektion aus Deutschland haben werden. Das ist allein schon organisatorisch im Vorhinein eine große Aufgabe, die uns alle in Beschlag nehmen wird.
Haben Sie Chile schon ein wenig kennen gelernt?
Bis jetzt war dazu noch überhaupt keine Zeit. Aber ein wenig kenne ich den Norden und den Süden, die alten Salpeterabbaustätten und Städte wie Pisagua zum Beispiel, aber auch Patagonien, wo ich schon mehrfach war. Das wären auch wieder die Gegenden, die mich zunächst interessieren: Über die Geschichte des Salpeterhandels müsste noch viel geforscht und gesagt werden, und gerade als Hamburger verbindet sich hier ja die Geschichte Hamburgs und seiner großen Segelschiffe mit dem Salpeterhandel Chiles. Über Patagonien hingegen muss man nichts sagen – hinfahren, sich durch die Natur bewegen und einfach nur schauen und aufnehmen. Darauf freue ich mich jetzt schon.