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Geschichte der evangelischen Kirche in Puerto Montt

In diesem Jahr feiert die Iglesia luterana ihr 155. Jubiläum

Die alte Kirche von Puerto Montt, eingeweiht am 13.September 1891, zerstört am 22. Mai 1960.
Die alte Kirche von Puerto Montt, eingeweiht am 13. September 1891, zerstört am 22. Mai 1960.

 

Die Entstehung der Lutherischen Kirche in Puerto Montt ist eng mit der deutschen Kolonisation des chilenischen Südens verbunden und ebenso mit den Anfängen der Kirchengemeinde von Osorno.

 

Von Pastor Andreas Handstein

Im Jahre 1852 kommen die ersten deutschen protestantischen Siedler in der Gegend um das heutige Puerto Montt an, das zu dieser Zeit noch Melipulli hieß. Ab 1858 wurden erste Schritte zur Gründung einer lutherischen Kirchengemeinde in Puerto Montt unternommen, die allerdings wegen der Kostenfrage auf erhebliche Schwierigkeiten stieß. Fünf Jahre später, am 23.März 1863, beschließt man mit den in Osorno lebenden Deutschen eine deutsch-evangelische Gemeinde sowohl in Osorno als auch in Puerto Montt zu gründen. Beide Gemeinden haben deshalb dasselbe Gründungsdatum: 22. März 1863.

Es ist zunächst eine Gemeinde mit zwei Predigtstellen, die von Pfarrer Dr. Alfred Lyssa wahrgenommen wird, der zwei Jahre später als erster lutherischer Pfarrer vom Evangelischen Oberkirchenrat (EOK) Berlin nach Chile entsandt wird und im Juni 1865 in Puerto Montt eintrifft. Als Nachfolger kommt Pfarrer Franz Renz im November 1868.

Im Jahr 1870 beginnen die Gemeindeglieder mit dem Bau einer Kirche. Noch nicht ganz vollendet fällt sie am 30.Oktober 1871 den Flammen zum Opfer. Die Vermutungen über die Brandursache reichen von Fahrlässigkeit bis zu vorsätzlicher Brandstiftung – in jedem Fall ein schwerer Schlag für die kleine Gemeinde.

Der erste Kirchenbau von Puerto Montt wurde noch vor seiner Fertigstellung bei einem Brand am 30.Oktober 1871 zerstört.
Der erste Kirchenbau von Puerto Montt wurde noch vor seiner Fertigstellung bei einem schweren Brand am 30. Oktober 1871 zerstört.

Durch eine Spendenaktion kommen bald erhebliche Summen für einen Neuanfang zusammen. Großzügiger Weise übergibt die Kirche diese Mittel aber an die Schulgemeinde, die es für den Bau einer Schule verwendet, in welcher der Kirche ein Raum für die Gottesdienste zur Verfügung gestellt wird.

Die «Turmfrage»

Knapp zwei Jahre später im Juni 1873 trennen sich die Gemeinden Osorno und Puerto Montt und werden selbstständig. Während der Amtszeit von Pfarrer Friedrich Beckmann, der von 1881 bis 1982 in Puerto Montt wirkt, erfährt das Gemeindeleben einen bedeutsamen Aufschwung. Bis zu 100 Personen nehmen an den Gottesdiensten teil.

Der Bau einer neuen Kirche wird zusehends nötig. Durch die Beihilfe des EOK und unter Einsatz aller Kräfte kommt dieses großartige Werk zustande. Dabei ist ein Kuriosum erwähnenswert: die «Turmfrage». Ist es erlaubt in einem Land, in dem der Katholizismus Staatsreligion ist, einer evangelischen Kirche einen Turm anzufügen?

Einige Jahre zuvor wurde in Osorno die Errichtung eines Kirchturmes durch die Regierung abschlägig beschieden, als man danach anfragte. Also fragt man in Puerto Montt gar nicht erst, sondern baut den Turm einfach auch ohne Genehmigung. Dieser Turm wird dann mit 27 Meter nicht nur besonders hoch, sondern setzt auch am Ende der Calle Varas einen außergewöhnlichen städtebaulichen Akzent.

Am 13. September 1891 wird die neue Kirche feierlich geweiht. Beim Erdbeben 1960 wird sie dann so stark zerstört, dass ihr Abriss unumgänglich ist.

Im Jahr 1893 wird die Seegemeinde gegründet, da die seelsorgerliche Betreuung der am See wohnenden Evangelischen die Kräfte der Gemeinde Puerto Montt übersteigt. Gleichzeitig wird der Pfarrdienst vertraglich mit der Stellung des ersten Lehrers, das heißt de facto des Direktors der Deutschen Schule verbunden. Überhaupt wurde und ist es bis heute üblich, dass der Religionsunterricht  an den Deutschen Schulen durch die lutherischen Pfarrer wahrgenommen wird.

Im Jahr 1934 werden die ursprünglich zur Seegemeinde gehörenden Gemeinden Puerto Varas und La Fabrica in die Gemeinde von Puerto Montt eingegliedert, die damit nun aus fünf Predigtstellen besteht: Puerto Montt selbst, Puerto Varas, La Fabrica, «Am Wege» (La Laja) und Chamiza. In Chamiza kann 1935 mit dem Bau einer Kirche begonnen werden, die im Dezember 1936 feierlich eingeweiht wird.

Am 3. Juli 1955 konstituiert sich die Gesamtgemeinde Puerto Montt, die heutige Südgemeinde. Zu ihr gehören sechs Gemeinden: Puerto Montt, Puerto Varas, Chamiza, Los Muermos, La Fábrica und La Laja.

 

Schweres Erdbeben von 1960 zerstört Kirche von Puerto Montt

Am Sonntag, den 22. Mai 1960 erschüttert das schwere Erdbeben mit dem Grad 9,5 auf der Richterskala  den Süden Chiles. Auch die Gemeinde von Puerto Montt ist davon schwer betroffen. Die Kirche ist so stark zerstört, dass sie abgerissen werden muss. Die Gottesdienste finden in der Aula der Schule statt.

Dank Hilfe aus Deutschland und durch zur Verfügungstellung eines Grundstückes in der Calle Baquedano kann schon gut drei Jahre später am 23. August 1963 eine neue Kirche geweiht werden, nebst Gemeindesaal und Pfarrhaus. Gleichfalls ermutigend in diesen schweren Jahren ist der Bau der Kirche in Los Muermos, die am 1.Mai 1962 geweiht wird.

Ein gravierender Einschnitt ist der innerkirchliche Konflikt, der in den Jahren nach der Regierungsübernahme durch Pinochet entsteht. Wegen der zunehmenden Ideologisierung des kirchlichen Lebens beschließen im April 1975 neun Gemeinden ihren Austritt aus der «Evangelisch Lutherischen Kirche in Chile» (IELCH) und konstituieren sich im Juli desselben Jahres zur «Iglesia Luterana en Chile» (ILCH). Die Gemeinde Puerto Montt bleibt aber wie auch Valparaiso der ICLH zunächst fern als Beitrag einer möglichen Versöhnung. Weil die Teilgemeinde Chamiza zur ILCH gehören möchte, trennt sie sich von der Grossgemeinde. Erst im Juli 1991 vollzieht auch die Großgemeinde Puerto Montt den Anschluss an die ILCH.

Kirchenvorstand Puerto Montt: (oben) Roland Klein, Doris Stange, Pastor Andreas Handstein, Rolando Stange, Jan Barends; (unten) Ursula Vera, Federico Münzenmeyer und Orieta Beyer. Abwesend: Rene Schmidt und Jaime Oelckers.
Kirchenvorstand Puerto Montt: (oben) Roland Klein, Doris Stange, Pastor Andreas Handstein, Rolando Stange, Jan Barends; (unten) Ursula Vera, Federico Münzenmeyer und Orieta Beyer. Abwesend: Rene Schmidt und Jaime Oelckers.

Seitdem befindet sich die Gemeinde in einem stetigen Wandel. Die konfessionelle Situation hat sich stark zu Ungunsten der Lutherischen Kirche in Chile verschoben. Durch viele Mischehen mit katholischen Partnern hat die Zahl der Gemeindeglieder erheblich abgenommen. Dennoch hat die Kirche Bestand, was nicht zuletzt dem unermüdlichen Einsatz der Kirchenvorstände sowie einzelner Personen zu danken ist.

Die seit 38 Jahren existierende Frauenhilfe hilft tatkräftig bei der Organisation von Gemeindeveranstaltungen. Regelmäßige Bibelstunden in Puerto Montt und in Teilgemeinden, Vorträge, Konfirmandenunterricht und andere Veranstaltungen sind fester Bestanteil des Gemeindelebens.

Vor allem die Teilgemeinde Los Muermos befindet sich in einer aufstrebenden Entwicklung. Nachdem im Juni 2012 die dortige Kirche durch einen Brand zerstört wurde, ist es gelungen eine neue Kirche zu errichten, die am 11. November 2017 eingeweiht wurde.

Wenn die Gemeinde Puerto Montt in diesem Jahr auf 155 Jahre ihres Daseins zurückblicken kann, sollte das eine Ermutigung für die Zukunft sein im Vertrauen auf Gott als den Herrn der Kirche, der sie auch künftig führen und erhalten wird.

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