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Buch, Biergarten und Brauerei-Verband – viel Neues zum Gerstensaft in Chile

«Cerveza: Cultura y Placer Milenario» – ein Buch auf Spanisch über alles rund ums Bier ist seit dem 8. November in Chile zu erwerben. Autor ist Christoph Flaskamp, der das Tübinger Bier in Pirque herstellt. Dort kann der Gerstensaft nun auch vor Ort getrunken werden: Im November wird der «Taproom» mit großer Terrasse eingeweiht. 

Wer einen Bierexperten in Chile sucht, der ist bei Christoph Flaskamp richtig. Vor vierzehn Jahren begann er zuerst in Farellones und sechs Jahre später, also im Jahr 2013, in Pirque das Tübinger Bier zu brauen. Zudem ist er seit 2014 als Jury-Mitglied und Bierverkoster bei Wettbewerben weltweit unterwegs. Seine Kenntnisse über das Thema Bierstile und Biermarkt gibt er auch als Dozent unter anderem an der Universidad Católica in Valparaíso weiter. 

100 Bierstile 

Nun hat er die Pandemie genutzt, um ein seit langer Zeit gehegtes Projekt zu verwirklichen: Am 7. November wird sein Buch «Cerveza» veröffentlicht. Wer Fragen zum Thema Bier hat, der findet hier so gut wie jede Anwort. «Meine ganze 20-jährige Erfahrung habe ich hier niedergeschrieben», sagt der Brauer. Außerdem sei es eines der wenigen Bücher auf Spanisch, das sich mit dem immer beliebteren Getränk befasst, und das erste überhaupt in Chile.

Im ersten Kapitel geht es um die Geschichte des Biers, unterhaltsam und humorvoll beschrieben. Das zweite behandelt fast 100 Bierstile, je nach Herkunftsland in deutsche, belgische, britische und amerikanische Bierstile aufgeteilt. Hier beschreibt der Autor Aroma, Farbe, Geschmack und Alkoholgehalt und führt die besten Beispiele pro Stil auf. Alle sind im hiesigen Handel erhältlich, so dass man sie auch selbst mal durchprobieren kann. «Ich habe darauf geachtet, dass es nicht zu technisch ist und auch Laien Spaß macht zu lesen», merkt er an.

Sollte sich schon mal jemand gefragt haben, wie man eigentlich Bier braut, dann kommen die Leser im dritten Kapitel auf ihre Kosten: «Einen Schnellkurs, wie er für jeden funktioniert» beschreibt der Bierexperte. «Denn im Gegensatz dazu, was ich auch selber früher glaubte: Man muss dazu weder Chemiker noch Biologe sein. Jeder kann in seiner Küche sein eigenes Hausbier brauen. Es ist das schönste Hobby der Welt!»

Im Schlusskapitel nimmt Christoph Flaskamp seine Leser auf eine Bierreise um die Welt mit. Denn auch in dieser Hinsicht ist er Experte: Im Jahr 2017 organisierte er erstmals eine Bierreise. Als Jurymitglied internationaler Wettbewerbe hat er viele renommierte Bierbrauer kennengelernt: «Das hat mir die Türen für meine Reisen geöffnet.» Die Länder Belgien, Deutschland mit Franken und Bayern, England, Irland und die Ostküste der USA standen bereits auf seinem Reiseprogramm. «Es nehmen zwischen zehn und 15 Personen teil, die meisten aus Chile, und wir sind zehn Tage unterwegs. Jeden Tag werden mindestens zwei oder drei Brauereien besichtigt und vor allem – viele Biere verkostet!» Zugute kommen ihm seine guten Fremdsprachenkenntnisse: Geboren in Brasilien und dann alle paar Jahre mit seiner Familie aufgrund der Arbeit seines deutschen Vaters bei Hoechst umgezogen, spricht der vielseitige Mann neben Deutsch, Spanisch, Portugiesisch und Englisch auch Französisch. Während des Studiums in Tübingen entwickelte sich übrigens seine Liebe zum Bier – daher der Markenname Tübinger.

«Taproom» eröffnet

Noch eine Neuigkeit gibt es für Bierfans in Santiago: Diesen Monat eröffnete der «Taproom» der Tübinger Brauerei in Pirque. «Man kann auf der Terrasse sitzen oder auch Events von rund 80 Personen organisieren. Das Schöne ist: Das Lokal liegt kurz vor dem Nationalpark Rio Clarillo.» Seit der Fertigstellung der neuen Brauerei 2013 sei die Produktion stetig gestiegen: «Waren es ganz am Anfang, also 2007, noch 500 Liter im Monat, sind es inzwischen 100.000 Liter.» Rund 15 Mitarbeiter sind in Pirque tätig. Normalerweise wird das frische Fassbier produziert, doch in der Pandemie wurde radikal umgestellt: «Jetzt ist Dosenbier total beliebt.» 

Seit dem Jahr 2011 ist der irische Gastronom Martin Flannery sein Geschäftspartner. Er betreibt die Kette Flannery‘s mit den zwei Lokalen Geo Pub und Beerhouse bei der Tobalaba U-Bahnstation und ist der größte Abnehmer. 

Verband der Craftbierbrauer

Ein neues Projekt startete Christoph Flaskamp vor zwei Jahren aufgrund der Marktsituation, nämlich die Gründung des Verbands der unabhängigen Bierbrauer in Chile, die sich Asociación Cervecera Independiente de Chile (ACI Chile) nennen. Er erklärt: «Es teilen sich in Chile zwei große Bierhersteller den Markt. Compañía Cervecerías Unidas (CCU) ist ein Zusammenschluss aller traditionellen chilenischen Bierbrauereien vor rund 100 Jahren und gehört zu 50 Prozent dem Unternehmen Heineken. Dieses ist die zweitgrößte  Brauerei weltweit und dominiert den chilenischen Markt – bis 1990 sogar als Monopol.

An zweiter Stelle steht seit ihrer Gründung 1991 die Cervecería de Chile, die seit 2008 zur ABInbev-Gruppe gehört, dem größten Braukonzern, der rund 30 Prozent der Biere in der Welt herstellt.» Auf der anderen Seite gibt es rund 300 kleine chilenische Brauer, zu denen Flaskamp gehört. Zu seinen Erfahrungen sagt er: «Es ist zum Teil nicht einfach, in den Markt zu kommen – bisher haben wir alle zusammen gerade 2 Prozent Marktanteil, der Rest gehört zu 90 Prozent den beiden großen Produzenten und circa 8 Prozent den importierten Bieren.» Die Kleinbrauer produzieren Craftbier beziehungsweise cerveza artesanal, das handwerklich hergestellt wird. Christoph Flaskamp erläutert: «Das heißt, wir bieten im Gegensatz zu den großen Herstellern nicht immer die gleichen zwei Sorten an, sondern produzieren ständig unterschiedliche Stile, die mit den reinsten Rohstoffen Hopfen und Malz hergestellt werden. Das ist natürlich teurer, aber es schmeckt auch einfach besser.» Rund 120 Mitglieder zählt die ACI Chile inzwischen. 

Drei chilenische Biere ausgezeichnet

Den Beweis für die gute Qualität des chilenischen Biers lieferte der zum zweiten Mal mit dem Gerstensaft aus dem Andenland stattfindende internationale Wettbewerb World Beer Awards, von Flaskamp in Chile ausgerichtet: Immerhin drei Biere von hier wurden als die weltbesten in jeweils einem der über 100 Stile ausgezeichnet. Es nahmen insgesamt rund 2.000 Biere teil. 

Natürlich kommt der chilenische Brauer nicht drumherum die Frage zu beantworten, was denn sein Lieblingsbier sei: «Das hängt ganz von der Situation ab. Zum Essen mag ich ein vollmundiges belgisches Bier wie ein Saison, Dubbel oder Tripel. Zum Nachtisch passt gut ein deutscher Doppelbock, ein englisches Stout oder ein belgisches Quadruppel. Wenn ich richtig Durst im Sommer habe, dann schmeckt ein knackiges deutsches Pils, ein fruchtig belgisches Witbier, ein britisches Bitter oder ein amerikanisches IPA am besten.» Er fügt hinzu: «Alle diese internationalen Bierstile werden mittlerweile auch in Chile von Craftbrauern hergestellt – teilweise mit chilenischem „touch“.»

Wichtig sei, dass Bier gut gebraut wird: «Es muss aus 100 Prozent natürlichen Zutaten bestehen und lange genug gegoren und gelagert werden.» Und natürlich sei ein frisches Fassbier immer einem Flaschenbier vorzuziehen. Wie könnte es anders sein – als Craftbier-Brauer lautet sein Motto: «Das Leben ist zu kurz, um langweiliges Bier zu trinken.».

Der Taproom / Ausschankraum der Tübinger Brauerei ist donnerstags bis sonntags von 12 bis 20 Uhr göffnet. 

Adresse: Calle Nueva s/n, Parcela 6A, El Principal, Pirque (etwa eine Autostunde von Santiago entfernt)

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