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Zum 200. Geburtstag von Clara Schumann

Ehefrau, Mutter von acht Kindern und Jahrhundertpianistin

Clara und Robert Schumann
Clara und Robert Schumann

Sie trat vor Goethe auf und wurde mit kaum 19 Jahren in Wien zur kaiserlich-königlichen Kammervirtuosin ernannt. Clara Schumann war nicht nur eine der größten Pianistinnen des 19. Jahrhunderts, sondern auch eine begabte Komponistin und gefragte Klavierlehrerin. Die Ehefrau Robert Schumanns musste dazu acht Kinder aufziehen und wiederholt die mageren Familienfinanzen mit Konzertreisen aufbessern.

Von Walter Krumbach

Clara Wieck lernte Robert Schumann als achtjähriges Mädchen in ihrem Leipziger Elternhaus kennen. Der damals 20-jährige Musiker wohnte bei Wiecks, als er von Claras Vater unterrichtet wurde. Als sich die beiden acht Jahre später näherkamen, schlug Friedrich Wieck Alarm. Robert hatte seine Pianistenlaufbahn aufgegeben, weil der rechte Mittelfinger «betäubt» war, was eine Hand- und Armerlahmung zur Folge hatte und ihm beim Spielen große Schmerzen bereitete. Ansonsten war er nicht berufstätig und, schlimmer noch, Wieck hatte von Schumanns labilem Charakter einen denkbar schlechten Eindruck.

Claras Vater tat von nun an alles, was in seiner Macht lag, um die beiden zu trennen. Er organisierte der Tochter Konzertreisen und versteckte sogar das Tintenfass, um den Briefverkehr zwischen den Liebenden zu verhindern. Im Jahr 1837 bat Wieck die befreundeten Eheleute Serre in Maxen, Clara aufzunehmen, was diese auch sogleich taten. Der Schachzug schlug allerdings fehl, denn Serres waren dem Verhältnis der Beiden wohlgesonnen.

Gericht entscheidet die Eheschließung

1839 verklagten Clara und Robert Friedrich Wieck. Sie beantragten, dass entweder er der geplanten Ehe zustimmte oder dass eine Bewilligung von Amts erteilt würde. Das Gericht entschied sich für die Eheschließung. Robert heiratete die Minderjährige am 12. September 1840. Die einst solide Beziehung zwischen Vater und Tochter war nun erheblich gestört. Wiecks Liebe zu seiner Tochter war jedoch entscheidend, um den Streit zu schlichten. Er ergriff die Initiative zu einer Versöhnung. 1843 kam man sich wieder näher.

Das junge Ehepaar bezog in Leipzig eine Wohnung, in der sich von nun an ein reger Besucherverkehr entwickelte. Zahllose Musiker, darunter Größen wie Felix Mendelssohn Bartholdy, Hector Berlioz, Franz Liszt, Ignaz Moscheles, Heinrich Marschner, Pauline Viardot und Richard Wagner kehrten bei Schumanns ein, um eigene Werke vorzustellen, Claras Klavierspiel zu genießen oder miteinander zu musizieren.

Einstand im Leipziger Gewandhaus

Ende März 1841 trat das Ehepaar erstmals gemeinsam öffentlich auf. Im Leipziger Gewandhaus erfolgte die Uraufführung von Schumanns erster Sinfonie und Claras Lied «Am Strande». Es folgten Tourneen nach Weimar, Norddeutschland, Dänemark und Russland. Schumanns wurden von der Zarenfamilie empfangen, was für das junge Paar ein eindeutiger Gipfelpunkt in ihrer Karriere darstellte.

Den Erfolg trübte allerdings Roberts Verstimmung, als er feststellen musste, dass er nicht an die Beliebtheit seiner Frau anknüpfen konnte. Während Clara überall mit Verehrungsbezeugungen förmlich überschüttet wurde, ging man mit ihm zwar höflich, aber doch eher distanziert um. Sein Gemütszustand verschlechterte sich in der folgenden Zeit zusehends. Im August 1844 erlitt er einen körperlichen und geistigen Zusammenbruch. Die nun tiefbesorgte Clara musste ihre Stellung als Klavierlehrerin am Leipziger Konservatorium aufgeben und die bevorstehenden Tourneen ausfallen lassen, um ihren Mann betreuen zu können.

Robert arbeitete jedoch weiter und hatte gelegentlich Erfolg. So zum Beispiel im Februar 1847, als er in Berlin sein Oratorium «Das Paradies und die Peri» aufführte. Gegen Ende 1849 bekam er von Düsseldorf das Angebot, das Amt des Städtischen Musikdirektors zu übernehmen. Schumanns zogen alsbald nach Düsseldorf. Clara assistierte ihren Mann und gab Konzerte.

«Von Gott gesandt»

Im Herbst 1853 besuchte Johannes Brahms das Ehepaar Schumann. Der 20-jährige Komponist legte seinem Kollegen einige Werke zur Begutachtung vor. Schumanns waren sogleich von der Reife und der Qualität der Stücke beeindruckt. Clara schrieb in ihrem Tagebuch: «Das ist wieder einmal einer, der kommt wie von Gott gesandt».

Anfang 1854 verschlechterte sich Robert Schumanns Gesundheitszustand. Er litt an Halluzinationen, glaubte Geräusche, Töne und Musikstücke zu hören. Am 27. Februar stürzte er sich in den Rhein, konnte jedoch gerettet werden. Clara war zu dem Zeitpunkt schwanger. Man verheimlichte ihr zunächst den Freitodversuch ihres Mannes, riet ihr aber unbedingt davon ab, ihn in seinem beklagenswerten Zustand zu sehen. Der Kranke wurde in die Richarzsche Nervenheilanstalt Endenich (Bonn) gebracht.

Clara Wieck im kurz vor ihrer Heirat (1840)
Clara Wieck im kurz vor ihrer Heirat (1840)

Als anderthalb Jahre später Clara mit den Kindern in die Poststraße umzog, mietete Brahms im gleichen Gebäude ein Zimmer. In der folgenden Zeit entwickelte sich zwischen Clara und Johannes eine enge Freundschaft. Er half der schwergeprüften Frau, wo er konnte. Es besteht kein Zweifel, dass er sich in die 14 Jahre ältere Freundin verliebt hatte.

Zärtliche Liebesbriefe

Am 31. Mai 1856 schrieb er ihr: «Meine geliebte Clara, ich möchte, ich könnte Dir so zärtlich schreiben, wie ich Dich liebe, und so viel Liebes und Gutes tun, wie ich Dir’s wünsche. Du bist mir so unendlich lieb, dass ich es gar nicht sagen kann. In einem fort möchte ich Dich Liebling und alles mögliche nennen, ohne satt zu werden, Dir zu schmeicheln. Deine Briefe sind mir wie Küsse». Es gibt jedoch keine Zeugenaussagen oder Dokumente, die darauf hinweisen, ob sie ihm entgegengekommen ist. Clara und Johannes vereinbarten später, ihren Briefwechsel zu vernichten. Aus dem Grund sind nur sehr wenige dieser Schreiben erhalten geblieben.

Ende Juli 1856 starb Robert Schumann 46-jährig in Endenich. Brahms war tief betroffen. Er änderte seine Ausdrucksweise in den Briefen an die verehrte, trauernde Frau, wurde sachlicher und hielt seine Gefühle zurück.

Ein Herz, das zu brechen droht

Clara schrieb später eine an die Kinder gerichtete Notiz in ihr Tagebuch, in der sie ihr Verhältnis zu Brahms klarstellte: «Ihn liebte und verehrte Euer Vater, wie außer Joachim keinen; er kam, um als treuer Freund alles Leid mit mir zu tragen; er kräftigte das Herz, das zu brechen drohte, er erhob meinen Geist, erheiterte, wo er nur konnte, mein Gemüt, kurz, er war mein Freund im vollsten Sinne des Wortes. Wohl kann ich Euch sagen, meine Kinder, dass ich nie einen Freund so liebte wie ihn – es ist das schönste Einverständnis unserer Seelen; glaubt Eurer Mutter, was sie Euch sagt, und hört nicht auf kleinliche und neidische Seelen, die ihm meine Liebe und Freundschaft nicht gönnen, daher ihn anzutasten suchen oder gar unser schönes Verhältnis, das sie entweder wirklich nicht begreifen oder nicht begreifen wollen».

In den folgenden Jahren hatte Clara Schumann eine rege Konzerttätigkeit. Sie unternahm Tourneen durch Deutschland und Europa, mit denen sie großen Erfolg hatte. Freilich waren die Organisation und Durchführung ihrer Gastspielreisen nicht einfach, musste sie doch gleichzeitig ihre Kinder betreuen. Große Sorgen bereitete Clara ihr geistig behinderter Sohn Ludwig, der schließlich 1870 in ein Irrenhaus eingewiesen werden musste.

Clara veröffentlichte von nun an Kompositionen, Schriften und Tagebücher Robert Schumanns. Im März 1891 gab sie ihr letztes Konzert. Fünf Jahre später erlitt sie einen Schlaganfall, an dessen Folgen sie am 20. Mai 1896 starb.

«Seelenvolles Spiel»

Clara Wieck, geboren vor 200 Jahren am 13. September 1819, hatte eine außergewöhnliche Musikbegabung. Das stellte ihr Vater bereits fest, als sie ein kleines Mädchen war. Ab ihrem fünften Lebensjahr gab er ihr systematisch Klavierunterricht. Dabei ging es ihm nicht nur um eine gute Technik, sondern um den Ausdruck, um ein «seelenvolles Spiel». Clara lernte schnell, sodass sie bereits als Achtjährige private Auftritte absolvierte. Am 20. Oktober 1828 gab sie im Leipziger Gewandhaus ihr erstes öffentliches Konzert.

Während der 1830er Jahre baute sie unter der Regie Friedrich Wiecks ihre Karriere auf. Der Vater war im gleichen Maße Fachmann wie Tyrann. Die junge Pianistin war somit zwar bestens beraten, musste sich aber ständig außergewöhnliche Leistungen abverlangen. Auf ihr Programm pflegte sie Werke von Meistern wie Johann Sebastian Bach oder Domenico Scarlatti zu setzen, die damals kaum öffentlich gespielt wurden, ein Pluspunkt, der vom Publikum dankbar entgegengenommen wurde.

1837 trat die 18-Jährige mit großem Erfolg in Wien auf. Ihr Vortrag von Beethovens Klaviersonate op. 57, der «Appassionata», veranlasste Franz Grillparzer, ein Gedicht zu schreiben. Für Kaiser Ferdinand I. war sie ein «Wundermädchen». Er ernannte sie zur kaiserlich-königlichen Kammervirtuosin. Mit diesem Rückhalt waren die Grundlagen zu einer internationalen Karriere gesetzt.

Clara Schumann 1878. Porträt von Franz von Lenbach
Clara Schumann 1878. Porträt von Franz von Lenbach

Mit den Jahren erweiterte sie ihr Repertoire. Nach ihrer Heirat kam zu den publikumswirksamen Stücken viel Modernes dazu, vornehmlich aus der Feder ihres Ehemannes. Die meistgespielten Komponisten außer Schumann waren Ludwig van Beethoven, Frédéric Chopin und Felix Mendelssohn Bartholdy.

Clara Schumann – eine ungewöhnliche Frau

Ungewöhnlich für ihre Zeit war, dass sie, eine Frau, komponierte und, damit nicht genug, ihre Werke auch öffentlich spielte. Nach ihrem Tod gerieten sie zwar in Vergessenheit, aber seit etwa 60 Jahren befassen sich Musikwissenschaftler systematisch mit ihren Schöpfungen.

Heute sind nahezu alle in Fachgeschäften zu finden, was sicherlich auf das wachsende Interesse nicht nur von Berufsmusikern, Musikwissenschaftlern und Kritikern zurückzuführen ist, sondern auch auf Musikliebhaber, die von ihrer Persönlichkeit fasziniert sind. Clara Schumann war als Künstlerin und Frau ihrer Zeit meilenweit voraus, aufgrund ihrer familiären Verpflichtungen jedoch oft gehemmt, ihr Genie vollkommen zu entfalten.

Johannes Brahms (2. v. links) am Friedhofsausgang unmittelbar nach Claras Begräbnis
Johannes Brahms (2. v. links) am Friedhofsausgang unmittelbar nach Claras Begräbnis

Robert wusste das nur allzu gut, wie es aus seinem traurigen Tagebucheintrag vom 17. Februar 1843 zu ersehen ist: «Clara hat eine Reihe von kleineren Stücken geschrieben, in der Erfindung so zart und musikreich, wie’s ihr früher noch nicht gelungen. Aber Kinder haben und einen immer phantasierenden Mann und komponieren geht nicht zusammen. Es fehlt ihr die anhaltende Übung, und dies rührt mich oft, da so mancher innige Gedanke verloren geht, den sie nicht auszuführen mag». 

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